Wohnungssuche: Bitte diskriminiert!
Klare Ansagen schaffen ein gutes Verhältnis
Der Fall sorgte vor einigen Jahren bundesweit für Schlagzeilen. Ein 81-jähriger Rentner aus Augsburg wurde vom Amtsgericht Augsburg zu einer Geldstrafe von 1.000 Euro verurteilt, weil er seine Wohnung „nur an Deutsche“ vermieten wollte. Zudem drohte ihm das Gericht mit weiteren Zwangsmaßnahmen bis hin zu Ordnungshaft, sollte er seine Wohnungsanzeigen in Zukunft nicht anders formulieren. Ein Mann aus Burkina Faso hatte die Anzeige entdeckt und den Rentner wegen Diskriminierung verklagt. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz und Richter, die dieses entsprechend interpretierten, gaben dem 34-jährigen Afrikaner recht. Der 81-Jährige rechtfertigte sich, er habe bei einem früheren Mietverhältnis Probleme mit einem türkischen Drogendealer gehabt.
Das ließ das Gericht nicht gelten. „Verbrechen und Vergehen werden von Menschen begangen, nicht von Staatsangehörigen“, so die Richter. Ein Satz, dem man genauso emphatisch zustimmen kann, wie man das Urteil ablehnen muss. Bei dem Mann aus Burkina Faso soll es sich laut Medienberichten um einen Mitarbeiter des Bayerischen Flüchtlingsrates gehandelt haben, dem es wohl weniger um eine Wohnung als um ein politisches Statement ging.
Ich war bisher noch nie selbst in der Situation, eine Wohnung, für die ich mich interessierte, aufgrund meiner Nationalität nicht bekommen zu haben. Zumindest galt das bis zur vergangenen Woche. Da rief uns nämlich unser Immobilienmakler an und teilte uns mit, dass beide Wohnungen, die meine Frau und ich in die engere Wahl genommen hatten, zwar noch zu haben seien, die jeweiligen Vermieter allerdings nur an Bulgaren vermieten wollten. Wir haben es mit Humor genommen. Ich habe keine Ahnung, ob es in Bulgarien einen ähnlichen in Gesetz gegossenen Antidiskriminierungsschwachsinn gibt wie in Deutschland und die Ablehnung somit legal war oder nicht. Es interessiert mich aber auch nicht. Nie im Traum käme ich auf die Idee, jemanden zu verklagen, weil er kein Geschäft mit mir abschließen will.
War Fremdenhass der ausschlaggebende Punkt für den Augsburger Rentner oder die beiden bulgarischen Vermieter? Möglicherweise. Aber muss man wirklich immer gleich sinistre Motive unterstellen? Vielleicht hat der Vermieter Sorge, mit seinem Mieter nicht ausreichend in seiner Landessprache kommunizieren zu können. Oder er hat, wie der Rentner angibt, vielleicht schlechte Erfahrungen mit Ausländern gemacht. Natürlich ist das unsinnig, von einem Einzelnen auf eine Gruppe schließen zu wollen, zumal wenn sie so heterogen ist, aber so sind Menschen nun leider mal, und zwar keinesfalls nur alte Augsburger Rentner. Und da ich aus Gesprächen mit Vermietern weiß, wie schwierig es ist, einen renitenten Problem-Mieter wieder aus den eigenen vier Wänden zu klagen, selbst wenn er im Zahlungsrückstand ist, habe ich erst mal eine große Portion Vorschussverständnis für jeden Vermieter. Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass ein weniger regulierter Wohnungsmarkt mit mehr Rechten für den Vermieter im Gegenteil gruppenbezogene Diskriminierung sogar abzubauen hilft.
Natürlich spielt die Motivation keine Rolle. Es ist sein Eigentum und er entscheidet, wer darin wohnen darf. Ich finde es sogar gut, von vornherein klar zu sagen, wen man als Mieter haben will und wen nicht. Das erspart doch beiden Parteien später Ärger. Dazu gehört auch, die harte, aber faire Ansage, dass man keine Familien mit Kindern will. Auch diese Antwort haben wir auf eine Mietanfrage bekommen. Und ich bin darüber nicht sauer, sondern froh, dass der Vermieter das so klar kommuniziert. So einen Vermieter würden wir nämlich gar nicht wollen. Kinder machen nun mal viel kaputt und sind laut. Da ist ein verständnisvoller Vermieter genauso ein Segen wie verständnisvolle Nachbarn.
Mir war ein gutes Verhältnis zu meinem Vermieter in der Vergangenheit aber noch aus einem anderen Grund wichtig. Denn ist erst mal ein Vertrauensverhältnis etabliert und wird die Miete dann auch bar bezahlt, können beide Seiten finanziell profitieren und nur der Staat verliert. Ein anderer Makler, den wir konsultiert und dem wir unsere Geschichte erzählt haben, sieht darin auch einen Grund, warum doch einige bulgarische Vermieter nur an Landsleute vermieten wollen. Viele Ausländer seien es gewohnt, die Miete zu überweisen, und wollten nicht bar bezahlen, so der Makler. Dass das für bulgarische Vermieter ein Problem ist, finde ich regelrecht sympathisch. Außerdem bräuchten Ausländer den Mietvertrag für eine offizielle Anmeldung bei den Behörden, wovor ebenfalls einige Vermieter zurückschreckten, weil sie aus Steuergründen ungern in irgendeinem Regierungscomputer auftauchen wollen. Das macht Sinn und ist für mich aus libertärer Sicht vollkommen nachvollziehbar. Mein Wunsch an alle Vermieter: Bitte diskriminiert! Bitte sagt ganz klar, wen ihr wollt und wen nicht! Das macht die besten Mietverhältnisse.
Als meine Frau mit unserem Sohn nach der Geburt aus dem Krankenhaus in unsere Wohnung im Süden Tiranas zurückkehrte, wartete dort ein überraschender Gast auf uns. Unser Vermieter war aus Italien gekommen und legte nach albanischer Sitte einen Geldschein auf den Bauch meines Sohnes. Ein Baby in seinem Haus wohnen zu haben, betrachtete er als Segen, nicht als potenzielle Wertminderung seiner Immobilie. Das ist natürlich schon ein ordentlicher Kontrast zu Deutschland, einem der kinderunfreundlichsten Länder in Europa. Und ich verstehe, wenn Eltern, gerade in Großstädten, ob des Wohnungsangebots ziemlich verzweifelt sind. Doch Diskriminierung ist in der Regel keine Einbahnstraße; der Markt, wenn er denn frei und weitestgehend unreguliert ist (das beweist in der Tat gerade in Sachen Wohnungsmarkt auch das Beispiel Argentinien unter Milei) hat genügend Angebote für alle – auch Familien.
Vor wenigen Tagen erhielten wir dann erneut einen Anruf. Eine Wohnung, ganz nach unseren Vorstellungen. Die Vermieterin, selbst Mutter dreier Kinder, grenzte die Zielgruppe für potenzielle Mieter dann auch gleich zu Beginn der Unterhaltung ein: Sie vermiete ausschließlich an Familien mit Kindern. Der Markt hat seine Nischen für jeden, auch wenn die Suche vielleicht etwas länger dauert. Der Ruf nach dem Staat schadet sowohl Mietern als auch Vermietern.
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