Grüne Wende: Northvolt meldet Insolvenz an
Europas Hoffnungsträger für Elektroautos zahlungsunfähig
von Tyler Durden
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Es sollte das Aushängeschild der europäischen Elektroauto-Zukunft werden. Stattdessen meldete das Unternehmen diese Woche Insolvenz an – ein poetisches Ende für eine Firma, die zum Synonym für das europäische „grüne“ Debakel geworden ist.
Für das schwedische Start-up Northvolt AB begann der Weg zum Kollaps im Juni, als die BMW AG einen milliardenschweren Auftrag stornierte. Damals erkannten nur wenige die Tragweite dieser Entscheidung, die einen Countdown einleitete, der weniger als sechs Monate später mit einem Chapter-11-Antrag endete.
Wie „Bloomberg“ berichtet, kämpfte Northvolt darum, die Finanzierung aufrechtzuerhalten. Doch als die deutsche Autoindustrie in eine historische Krise stürzte – ausgelöst durch eine Flut billiger chinesischer Elektroauto-Importe in den letzten drei Jahren ,– wurde klar, dass die Aufträge versiegen würden.
In einer Abwärtsspirale reagierte das Unternehmen auf die wegbrechenden Einnahmen mit dem Zurückfahren seiner Expansionspläne und dem Abbau von Arbeitsplätzen. Bis der letzte Rettungsversuch scheiterte, mussten die Investoren, die insgesamt zehn Milliarden US-Dollar investiert hatten, feststellen, dass nur noch 30 Millionen US-Dollar an liquiden Mitteln übrig waren.
Die Insolvenz, die Northvolt am Donnerstag in den USA beantragte, ist einer der prominentesten Rückschläge der europäischen Industrie im Wettbewerb mit günstigeren und agileren Konkurrenten aus China und Südkorea. Am nächsten Tag trat Mitbegründer und CEO Peter Carlsson zurück. Er hatte noch ein Jahr zuvor Northvolt als möglichen Kandidaten für einen Börsengang präsentiert. Nun warnte er, die Europäische Union laufe Gefahr, bei „grünen“ Projekten zurückzufallen.
Carlsson erklärte, das Unternehmen benötige bis zu 1,2 Milliarden US-Dollar, um seinen neuen Geschäftsplan zu finanzieren. Gleichzeitig sagte er: „In 20 Jahren werden wir es bereuen, wenn wir die Transformation nicht vorantreiben.“ Übersetzung: Das Geld ist weg – und wenn europäische Steuerzahler meine Ausgaben nicht decken, werden sie es bereuen.
Zu den größten Investoren von Northvolt zählten neben BMW und Volkswagen auch Goldman Sachs Asset Management, der größte dänische Pensionsfonds ATP, Baillie Gifford sowie mehrere schwedische Institutionen.
Am Samstag berichtete die „Financial Times“, dass Fonds von Goldman Sachs Asset Management bis Ende des Jahres fast 900 Millionen US-Dollar abschreiben müssen. Diese Verluste stehen in scharfem Kontrast zu den optimistischen Prognosen der Bank vor nur sieben Monaten. Damals hatte sie behauptet, ihre Investition sei 4,29-mal so viel wert wie die ursprüngliche Summe und würde bis zum nächsten Jahr auf das Sechsfache steigen. Spoiler: Der Wert fiel um 100 Prozent.
Ein Fondsvertreter sagte gegenüber „Bloomberg“, man sei schockiert gewesen, wie schnell Northvolt die Milliarden verbrannt habe. Noch im Juli sei man überzeugt gewesen, eine Rendite zu erzielen. Doch im August habe ein Miteigentümer gewarnt, dass dem Batteriehersteller bis September das Geld ausgehen könnte.
Das wahre Ausmaß der Verzögerungen und Budgetprobleme sei verborgen geblieben, so der Investor. Excel-Tabellen und Präsentationen hätten die leeren Kassen geschickt kaschiert.
Northvolt steht nun vor der Aufgabe, sich neu zu strukturieren, um möglicherweise als schlankeres Unternehmen aus dem Insolvenzverfahren hervorzugehen – sofern überhaupt etwas von Wert bleibt und es nicht zur Liquidation kommt.
„Ein Dilemma, vor dem diese ambitionierten Neulinge stehen, ist, dass sie von Anfang an groß angelegte Pläne ankündigen mussten, um für Investoren attraktiv zu sein“, sagte Robert Heiler, Senior Manager bei Porsche Consulting, einer Tochter von Volkswagen, dem größten Investor von Northvolt. „Aber es ist wirklich schwierig, alle Vorgänge gleichzeitig hochzuskalieren.“
Wie sehr Northvolt und seine Finanziers die Situation falsch eingeschätzt haben, zeigt sich nun deutlich. Noch im letzten Herbst hatte das Unternehmen Banken eingeladen, sich um die Begleitung eines Börsengangs zu bewerben, der das Unternehmen auf 20 Milliarden US-Dollar hätte bewerten können. Nur sechs Monate später berichtete „Bloomberg“, dass der Börsengang auf 2024 verschoben wurde. Kurz darauf beschwerte sich VW-Tochter Scania über Produktionsprobleme bei Northvolt, und BMW zog einen Zwei-Milliarden-Euro-Vertrag zurück, da die Batterieproduktion frühestens 2026 beginnen würde – drei Jahre nach dem ursprünglichen Ziel.
Nach wiederholten Verzögerungen war es unwahrscheinlich, dass der Batteriehersteller die von BMW benötigten Produktionsmengen vor 2026 liefern könnte – ein Jahr, nachdem die Vorgängermodelle schrittweise auslaufen sollten, und fast drei Jahre nach dem ursprünglichen Zieltermin erklärte eine mit der Angelegenheit vertraute Person, die anonym bleiben wollte, da sie private Informationen besprach.
Zu dieser Zeit scheiterte Northvolt auch daran, eine Eigenkapitalfinanzierung abzuschließen, was bedeutete, dass ein im Januar angekündigter „grüner“ Fünf-Milliarden-Dollar-Kredit eingefroren blieb.
Trotzdem bestand noch eine Chance, die Pläne für neue Batteriefabriken in Deutschland, Schweden und Kanada weiterzuverfolgen. Ende Juni war Volkswagen, das 23 Prozent an Northvolt hält, bereit, einzuspringen. Doch dann geriet der deutsche Autogigant selbst in eine schwere Krise. Bis Spätsommer, mit stagnierenden Elektroauto-Verkäufen in Europa und einem schwächelnden Geschäft in China, kündigte VW die Schließung mehrerer Werke in Deutschland an.
Angesichts der drohenden Entlassung von Zehntausenden Mitarbeitern in Deutschland war eine weitere Finanzierung für Northvolt vom Tisch. Im August zog VW seinen Plan zurück, zusätzliches Eigenkapital in Northvolt zu investieren.
Der deutsche Autohersteller, der seinen Anteil an Northvolt Ende 2023 noch mit umgerechnet mehr als 730 Millionen US-Dollar bewertet hatte, war nicht länger bereit, sich auf weitere Batteriekäufe festzulegen, berichtet „Bloomberg“ unter Berufung auf mit der Situation vertraute Personen.
Dennoch wurde weiterhin an einer Notfinanzierung gearbeitet, die im Oktober fast zustande gekommen wäre. Das geplante Paket in Höhe von 300 Millionen US-Dollar hätte Gelder von Kreditgebern, Gläubigern und Kunden zusammengeführt. Doch die Verhandlungen scheiterten letztlich. „In dieser letzten Finanzierungsrunde sagte VW im Grunde, dass sie uns nicht weiter kapitalisieren können“, erklärte Carlsson am Freitag.
Zu Northvolts Schulden gehört ein 330-Millionen-Dollar-Wandeldarlehen von Volkswagen, das im Dezember 2025 fällig wird, wie aus den Insolvenzunterlagen hervorgeht.
In einem verzweifelten Versuch, das Vertrauen der Investoren wiederzugewinnen, sagte Northvolt im Oktober die geplante Erweiterung seines Hauptwerks in Skellefteå im Norden Schwedens ab und ersetzte den dortigen Werksleiter. Carlsson räumte ein, dass er zu spät reagiert habe: „Ich hätte wohl früher auf die Bremse treten sollen, was einige Expansionswege betrifft.“
Während Northvolts kühne Pläne noch jahrelang hinterfragt werden dürften, ist ein vollständiges Verschwinden des Unternehmens vorerst unwahrscheinlich. In seinem Insolvenzantrag erklärte Northvolt, dass das Hauptziel darin bestehe, einen strategischen oder finanziellen Partner zu finden, um die Bilanz zu restrukturieren und den Betrieb fortzusetzen.
Doch in der gegenwärtigen politischen Landschaft – in der europäische Regierungen zunehmend von populistischen Gegenbewegungen unter Druck gesetzt werden, keine weiteren Steuergelder für gescheiterte „grüne“ Projekte auszugeben – haben Länder wie Schweden und Deutschland eine Rettung mit öffentlichen Mitteln abgelehnt.
Der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck, der noch im Juni vorgeschlagen hatte, Northvolt solle eine zweite Fabrik in Deutschland bauen, äußerte sich am Samstag gegenüber der dpa vorsichtig optimistisch über die Zukunft des Unternehmens. Doch niemand zeigt vergleichbaren Optimismus in Bezug auf Habecks politische Zukunft: Erst vor wenigen Wochen brach die deutsche Regierung spektakulär zusammen, unter anderem wegen eines populistischen Widerstands gegen die fortgesetzten „grünen“ Ausgaben.
Die Beziehung zu Volkswagen bleibt bestehen, wenn auch in deutlich reduzierter Form. Scania bleibt ebenfalls ein wichtiger Kunde von Northvolt und wird 100 Millionen US-Dollar als Debtor-in-Possession-Finanzierung bereitstellen – zu einem hohen Zinssatz von 16 Prozent. Northvolt wird außerdem Zugriff auf etwa 145 Millionen US-Dollar an hinterlegten Sicherheiten haben.
Die im Bau befindlichen Batteriefabriken in Deutschland und Kanada sind von der Insolvenz ausgenommen, auch wenn diese Projekte auf unbestimmte Zeit verschoben werden.
Northvolt bereitet sich jedoch erstmals darauf vor, dass die dringend benötigten Gelder ausbleiben könnten. Aus Dokumenten, die beim US-Gericht eingereicht wurden, geht hervor, dass das Unternehmen die Beratungsgesellschaft Hilco Global beauftragt hat, um einen möglichen Verkauf oder eine geordnete Liquidation vorzubereiten.
Spoiler: Hilco dürfte bald gut beschäftigt sein, wenn eine weitere Säule des europäischen „grünen“ Traums in der Insolvenz abgewickelt wird.
Information: Dieser Artikel wurde uns freundlicherweise von zerohedge.com zur Übersetzung zur Verfügung gestellt.
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