16. Dezember 2024 11:00

Gestahlfedert: Denunziantenstadl (Teil 3) Lawfare gegen Wolfgang Kubicki

Neues aus dem meinungsfreiesten Deutschland aller Zeiten

von Michael Werner

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Bildquelle: Juergen Nowak / Shutterstock.com Bekommt gerade deutsche „Meinungsfreiheit“ zu spüren: Wolfgang Kubicki

Diese Woche musste ich lange überlegen, worüber ich schreibe, schließlich passierte einiges „mit ordentlich Musik“: In Thüringen hat ein breites Bündnis von kommunistischen Wahlverlierern ein Mettbrötchen zum Ministerpräsidenten gewählt. In Rumänien wurde par ordre de Brüssel eine Wahl für ungültig erklärt, weil das Ergebnis nicht ausfiel wie gewünscht. Demokratie fetzt richtig hart, nicht wahr?

Doch dann ereilte mich in letzter Sekunde noch ein vorweihnachtliches Geschenk zu meinem Lieblingsthema „Meinungsfreiheit“.

Am Morgen des 29. November wurde auf dem „X“-Profil des FDP-Politikers Wolfgang Kubicki folgender Beitrag veröffentlicht:

„Ich bekenne mich schuldig.
Ich wollte das Ende dieser Koalition, deren Gewürge unserer Wirtschaft und unserem Ansehen massiv geschadet hat.
Ich wollte einen Kanzler nicht mehr mittragen, der sich selbst für den Größten hält, aber nichts mehr auf die Kette kriegt. Polen lädt zu einer Konferenz ein, nur Deutschland nicht.
Was ist aus den vollmundigen Ankündigungen von Wirtschaftswumms, Abschiebewumms, Friedenswumms geworden?
Ein gescheiterter Gernegroß.
Ich wollte und konnte den unfähigsten Wirtschaftsminister aller Zeiten nicht mehr verteidigen, dem nach drei Jahren steuerfinanzierter Lehrzeit immer noch die Grundkenntnisse wirtschaftlicher Zusammenhänge fehlen.
Ich war es leid, wie auch 80 Prozent der Bevölkerung.
Und mir ist es völlig egal, wie es zu Ende ging. Ich bin froh, dass es zu Ende ist und wir endlich was Neues beginnen können.
Wenn Ihr also einen Schuldigen sucht, Rote, Grüne oder Teile der Medien, nehmt mich. Je plaide coupable.
Niemand wird mir den Stolz auf meine Partei nehmen können. WK“

Das Kürzel „WK“ am Ende des Tweets bedeutet, dass Kubicki höchstselbst den Tweet verfasst hat und nicht etwa sein Social-Media-Team.

Nun will ich mich gar nicht lange über die Person Wolfgang Kubicki auslassen, der für den in der FDP verbliebenen Restbestand an Liberalen wohl immer noch als freiheitliches Feigenblatt herhält, weil er so ziemlich als Einziger mit Gewicht in der Partei gelegentlich immer noch die richtigen Dinge sagt. Die richtigen Dinge sagen allein hat jedoch keinerlei Wert, wenn man am Ende dann trotzdem immer wieder das Falsche tut. Denn wenn es drauf ankam, also bei den Abstimmungen im Bundestag, hat Kubicki stets jeden freiheitsfeindlichen, ökobolschewistischen Dreck, über den er sich zuvor noch echauffiert hatte, durchgewunken.

Für mich war der Mann schon vor rund zehn Jahren entzaubert. Damals wohnte ich als Zuschauer einer Podiumsdiskussion zwischen ihm und Sahra Wagenknecht bei. Wagenknecht hat das Rededuell haushoch gewonnen, obwohl sie nur marxistischen Sondermüll produziert hat, den man Satz für Satz problemlos hätte zerlegen können, was Kubicki aber nicht getan hat. Die ganze Zeit über fragte ich mich, ob der Mann argumentativ so schwach aufgestellt war, dass er noch nicht mal die liberalen Basics kannte, also quasi unbewaffnet zu einer Schießerei gegangen ist, oder ob er – ganz Gentleman alter Schule, als der er sich gab – eine Bisshemmung hatte, weil er einer attraktiven Frau gegenüberstand, da er offensichtlich mehr Wert darauf legte, den Charmeur zu geben und Wagenknecht mit Komplimenten zu überhäufen, statt sie inhaltlich gnadenlos zu stellen. Ich weiß noch, wie ich mich nur schwer auf meinem Stuhl halten konnte – das Tier in mir wollte ständig aufspringen, um Kubicki von der Bühne zu prügeln und an seiner Stelle seinen Job zu machen. Was keine Kunst gewesen wäre, denn um Wagenknecht in Grund und Boden zu argumentieren, reicht es bereits, einmal unfallfrei den Klappentext eines Roland-Baader-Buches gelesen zu haben. (Notabene: Wolfgang Kubicki ist Diplom-Volkswirt und Volljurist, er müsste eigentlich wesentlich mehr draufhaben als ich!)

Der absolute Knaller sollte aber erst noch folgen, als am Ende der Podiumsdiskussion der inoffizielle Teil mit den Fragen aus dem Publikum kam: Sahra Wagenknecht musste da leider schon gehen, weil sie noch einen weiteren Auftritt hatte. Warum nicht an einem Abend zweimal die volle Gage abgrapschen, für die halbe Leistung? So viel Kommunismus muss man auch mal wagen! Daher wurde Kubicki vom Veranstalter gebeten, Wagenknecht zu „ersetzen“ und bei den Zuschauerfragen sowohl seinen als auch ihren Standpunkt zu vertreten. Warum nicht für nur eine Gage die doppelte Arbeit leisten? So viel Liberalismus muss man auch mal wagen! Zum Glück konnte ich diesem Schmierentheater dank „Beziehungen“ eintrittsfrei beiwohnen, sonst hätte ich mich spätestens an dieser Stelle nicht nur um den Spaß, Wagenknecht endlich mal die „richtigen“ Fragen zu stellen, betrogen gefühlt, sondern auch noch um mein Geld. Als Kubicki dann Wagenknechts Positionen deutlich überzeugender rüberbrachte als seine (vermeintlich) eigenen, wusste ich, mit wem ich es zu tun hatte. Und damit wäre dann auch über die FDP alles gesagt, was man über sie wissen muss. Daher haben mich Kubickis kernige Worte während der Ampel-Zeit niemals auch nur ansatzweise beeindrucken können, und sein Abstimmverhalten gab mir Recht: Wer sich auf den (oder gar auf die FDP) verlässt, der ist verlassen!

Doch schweife ich gerade ab, denn es sollte ja gar nicht um die Person Kubicki gehen. Aber die Story ist einfach zu schön, um sie immer nur im kleinen Kreis zum Besten zu geben, und das war endlich die willkommene Gelegenheit, sie auch mal einer breiteren Öffentlichkeit zu präsentieren, falls es noch jemanden geben sollte, der glaubt, Kubicki könne die FDP wieder auf Spur bringen – ja, aber auf die falsche Spur: Er könnte sie allerhöchstens als nächsten Koalitionspartner für das BSW einnorden!

Wie auch immer: Für den eingangs zitierten Tweet wurde Wolfgang Kubicki jetzt angezeigt. Von einem Kollegen! Nicht etwa von einem Parteikollegen oder einem Politikerkollegen, noch nicht mal von einem imaginären Schwachkopf – nein, von einem Rechtsanwalt (Kubicki selbst ist auch zugelassener Anwalt). Und zwar nicht nur bei den Strafverfolgungsbehörden, sondern auch bei der Anwaltskammer.

Das löste bei mir dann doch einiges an Kopfschütteln aus, denn mich brüllte die Frage an: „Wofür?“ Ich ging alle mir bekannten einschlägigen Äußerungsdelikte durch, fand aber weder eine Volksverhetzung noch eine Beleidigung, üble Nachrede oder Verleumdung, noch die Verwendung irgendwelcher Braunauer Parolen. Noch nicht mal den Holocaust hat er geleugnet! So what?!?

Allerdings bin ich nur ein kleiner Hobby-Jurist, wenn auch aufgrund meiner zahlreichen Gerichtsverfahren wegen vermeintlicher Wortverbrechen durchaus einer mit einem reichhaltigen praktischen Erfahrungsschatz. Also bat ich sicherheitshalber meinen Anwalt, der diese Verfahren für mich führt, mir doch mal kurz zu erläutern, an welcher Stelle er einen möglichen Straftatbestand verwirklicht sehen könnte, oder gar einen Grund, die Anwaltskammer einzuschalten. Doch auch der Vollprofi war ratlos: Da ist nix! Absolut nichts! Null! Rien! Nothing! Niente! Nada!

Das macht die Sache noch absurder, da der Anzeigenerstatter ebenfalls Volljurist ist und das eigentlich wissen müsste. Vor allem jedoch sollte er den Paragraphen 164 unseres Strafgesetzbuchs, „Falsche Verdächtigung“, kennen, der da sagt: „Wer einen anderen bei einer Behörde oder einem zur Entgegennahme von Anzeigen zuständigen Amtsträger oder militärischen Vorgesetzten oder öffentlich wider besseres Wissen einer rechtswidrigen Tat oder der Verletzung einer Dienstpflicht in der Absicht verdächtigt, ein behördliches Verfahren oder andere behördliche Maßnahmen gegen ihn herbeizuführen oder fortdauern zu lassen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“

Wolfgang Kubicki dürfte den Paragraphen auch kennen. Es bleibt zu hoffen, dass er sich entsprechend zur Wehr setzt, außer er leidet bei seinem Kollegen aus dem Denunziantenstadl unter derselben Bisshemmung wie bei der schönen Stalinistin.

Quellen:

Tweet von Wolfgang Kubicki vom 29.11.2024 („X“)

Wolfgang Kubicki nach Habeck-Post angezeigt (Berliner Zeitung)

§ 164 StGB „Falsche Verdächtigung“ („Gesetze im Internet“)


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