Österreich: Schwierige Regierungsbildung
Die Budgetkonsolidierung hat Vorrang
von Andreas Tögel
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Nach den gescheiterten Verhandlungen zu einer aus ÖVP, SPÖ und Neos bestehenden Dreierkoalition kam Bundespräsident Alexander Van der Bellen nicht mehr umhin, dem ungeliebten Chef der Freiheitlichen, Herbert Kickl, den Auftrag zur Regierungsbildung zu erteilen. Viele Beobachter bezweifeln indes, dass allein die sachliche Übereinstimmung bei der Budgetkonsolidierung auf Dauer ausreichen wird, FPÖ und ÖVP als Fundament für eine dauerhafte Reformkoalition zu dienen. Immerhin wurde in den zurückliegenden Jahren, seit dem vom damaligen Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) ohne Not herbeigeführten Ende der letzten Regierungszusammenarbeit von ÖVP und FPÖ im Mai 2019, von beiden Seiten viel Porzellan zerschlagen. Auf die blau-schwarze Bundesregierung werden jedenfalls – falls sie denn überhaupt zustande kommt – gewaltige Herausforderungen zukommen.
Die Budgetkonsolidierung steht in den Koalitionsverhandlungen deshalb im Vordergrund, weil FPÖ und ÖVP sich darin einig sind, ein Defizitverfahren der EU gegen Österreich abzuwenden, was vorerst auch gelungen ist. Schon einmal – im Jahr 1922 – wurde Österreich seiner zerrütteten Finanzen wegen unter internationale Kuratel gestellt. Damals war es der Völkerbund, der der Alpenrepublik mit einer Kreditsumme von 650 Millionen Goldkronen aushalf und das Land im Gegenzug zu schmerzhaften Reformen und Sanierungsmaßnahmen unter Aufsicht einer Völkerbundkommission zwang. Da scheint es jetzt Blauen und Schwarzen allemal besser zu sein, notwendige Reformen in Eigenregie vorzunehmen.
Da die potenziellen Koalitionäre sich darin einig sind, das in den zurückliegenden Jahren aus dem Ruder gelaufene Budget ausgabenseitig zu konsolidieren, kommt die Erschließung neuer oder die Erhöhung bestehender Einnahmequellen nicht infrage.
Möglichkeiten zu sparen, gibt es immer – in jedem privaten Haushalt und jedem privatwirtschaftlich geführten Unternehmen ist das keine schockierend neue Erkenntnis. Das Problem der Staatsschulden rührt daher, dass es sich bei politisch Verantwortlichen selten um Personen handelt, die jemals die Luft jener Sphäre geatmet haben, in der Werte geschaffen werden. Sie kommen überwiegend aus geschützten Biotopen, die mit Steuergeld finanziert werden. Folgerichtig verstehen sie sich zwar bestens aufs Geldausgeben, haben aber keine Ahnung von der Mühsal des Geldverdienens. Das brauchen sie auch nicht zu haben, denn ihnen stehen ja – anders als unter marktwirtschaftlichen Bedingungen aktiven Personen und Betrieben – Zwangsmittel zur Geldeintreibung zur Verfügung.
Das ist Grund dafür, dass Regierungen substanzielle Sparmaßnahmen immer erst in dem Moment ergreifen, wenn der Pleitegeier zur Landung ansetzt. In Neuseeland war es im Jahr 1990 so weit, dass mit drastischen Ausgabenkürzungen und Arbeitsmarktderegulierungen gegengesteuert wurde; in Schweden kam es im Jahr 1995 zu tiefen Einschnitten ins Sozialsystem, um das Budget zu konsolidieren. Griechenlands im Jahr 2010 begonnener Sanierungsweg ist deshalb bemerkenswert, weil sich hier zeigt, dass eine Haushaltssanierung umso schmerzhafter ausfällt, je länger sie mit Blick der Regierenden auf den Verbleib am Futtertrog verschleppt wird. Dort wurden das Pensionsantrittsalter erhöht, Pensionen gekürzt und andere schmerzhafte Einschnitte ins Sozialsystem durchgesetzt. Der Erfolg dieser Maßnahmen zeigt sich unter anderem in einer Rückkehr ausländischer Investoren und dem deutlichen Wirtschaftswachstum von über acht Prozent im Jahr 2021.
Bei den notwendigen Reformen darf es auch in Österreich keine Tabus geben. Das wird, angesichts der ausgeprägten Wohlfahrtsstaatsmentalität im Lande (ich will alles gratis, und bezahlen sollen es andere!) natürlich mit massivem Gegenwind verbunden sein, der insbesondere von den mit Förderungen und Zwangsbeiträgen verwöhnten Hauptstrommedien produziert wird. Schon jetzt – noch ehe konkrete Zahlen jenseits grober Zielvorgaben für das Sparvolumen im laufenden Jahr vorliegen – vergeht kein Tag, in dem der ORF, „Standard“ und Konsorten nicht mit kritischen Kommentaren von „Experten“ zum angepeilten Konsolidierungskurs aufwarten. Das Antasten vermeintlich „wohlerworbener Rechte“ ist im alpenländischen Transferzahlungsparadies traditionell mit schrillen Protesten aus den Reihen der „Zivilgesellschaft“ – namentlich von Künstlern, Medienschaffenden und Intellektuellen – verbunden, die um ihre Pfründe fürchten.
Das zum Milliardengrab gewordene Pensionssystem (der Bund musste dafür im Jahr 2024 24,5 Milliarden Euro – also ein Viertel der budgetierten Ausgaben (!) – aufwenden) wird nicht unangetastet bleiben können. Ebenso wenig der „Klimabonus“ und zahlreiche andere Förderungen, die nichts anderes als eine Absage an die Marktwirtschaft bedeuten. Sollte den Konsumenten nämlich der Sinn nach dem Erwerb von Elektroautos oder Wärmepumpen stehen, werden diese auch ohne Subventionen ihre Käufer finden. Wenn nicht, dann eben nicht. Markteingriffe mittels einer kostspieligen Subventionierung grüner Ideologieprojekte werden umgehend abzustellen sein, um das Budget zu retten.
Heiße politische Auseinandersetzungen sind damit vorprogrammiert und unvermeidlich.
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