Neue Weltordnung: Maga Geoeconomics erklärt
Ist die Globalisierung zu Ende?
von Paul Siegenthal

Die Globalisierung ist vorbei. Das Geschrei um die Zölle ist groß. In Europa empfindet man die Politik Trumps als einen Dolchstoß. Der Mainstream, Experten des Weltuntergangs, sehen den Rückfall in die Agrargesellschaft. Die USA ordnen die Weltwirtschaft neu, sie haben keine Alternative. Es geht um ihre Existenz. Es geht auch um die Existenz Chinas.
Ohne Industrie keine Weltmacht. Eine leistungsfähige Industrie ist der Kern einer Weltmacht. Im Kriegsfall kann die Produktion auf Rüstungsgüter umgestellt werden. Der Ukraine-Krieg zeigt, dass die USA nicht mehr dazu in der Lage sind. Die schönsten Waffen nützen nichts, wenn sie nicht in großen Mengen hergestellt werden können. Will die USA Hegemon bleiben, muss das Land wieder industrialisiert werden.
Wie? Ein kurzer Blick in die Vergangenheit der amerikanischen Politik ist nötig.
Bretton Woods. Nach dem Zweiten Weltkrieg boten die USA den Alliierten einen festen Wechselkurs zum goldgedeckten Dollar an. Zudem erhielten sie militärischen Schutz (Nato) und einen beschränkten Zugang zum US-Markt. Die Jahre des Wirtschaftswunders nannten es die Deutschen. Der Marktzugang führte zwar zu einem Abfluss von Dollars, dafür eröffneten sich auch neue Absatzmärkte für amerikanische Produkte. Die Nachfrage nach dem Dollar wurde jedoch so groß, dass die USA 1971 die Goldkonvertibilität aufheben mussten. Das System geriet in eine Krise.
Neoliberal World Order (Globalisierung), das goldige Zeitalter der Libertären. Präsident Reagan bot einen neuen Deal an: niedrige Zölle, freien Kapitalverkehr und flexible Wechselkurse.
Die Tore zu den USA standen sperrangelweit offen: ein riesiger Absatzmarkt und Zugang zum größten Kapitalmarkt. Die Welt ließ sich nicht zweimal bitten. China gelang auf Kosten der USA den Sprung vom Entwicklungsland zur Weltmacht. Für die EU wurden die USA zum größten Absatzmarkt. Umgekehrt behinderten die Handelspartner die Importe aus den USA mit Zöllen, Handelshemmnissen, versteckten Subventionen und Währungsmanipulationen. Die Amerikaner ließen es geschehen. Partner, die Geld in den USA verdienen, sind kooperativ.
Deindustrialisierung. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der USA wuchs weiter, doch statt in der Industrie arbeiteten die Amerikaner nun bei Amazon und verteilten China-Ware. Das Geld wird in der Finanzwirtschaft verdient, das wenige reich und viele zu Schuldnern macht statt zu Hausbesitzern. Die Industrie hat faktisch das Land verlassen, der Rust Belt ist zum Armenhaus der USA geworden.
Reindustrialisierung. Die USA haben heute ein Handelsdefizit von 1.200 Milliarden US-Dollar pro Jahr (2024). Knapp zehn Prozent der Bevölkerung arbeiten in der Industrie. Gelingt es den USA nicht, die Industrie wieder ins Land zu holen, scheiden sie als Weltmacht aus. Es geht also primär um das Überleben als Weltmacht. Die Schaffung von Jobs in der Industrie ist der populistische Teil des Deals.
Scott Bessent und Stephen Miran entwickelten einen Plan. Die Handelspartner sollen dazu gezwungen werden, ihre Zölle und Handelshemmnis auf das Niveau der USA zu senken. Kooperieren sie nicht, erhalten sie Strafzölle, die den Zugang zum amerikanischen Markt stark behindert.
Trump ging das nicht weit genug. Er erklärte eine ausgeglichene Handelsbilanz zum Ziel. Der Zoll solle die Hälfte des Handelsdefizits betragen. JD Vance legt sogar noch einen drauf.
Umsetzung der Maga Geoeconomics in drei Phasen
Erstens: Zollchaos und Verhandlungsbereitschaft. Trump belegt die ganze Welt mit Zöllen. Ihm ist es egal, ob es sich um einen Alliierten oder eine Insel voller Pinguine handelt. Ihm ist auch egal, wie hoch die Zölle des Handelspartners sind. Die Höhe des Zolls richtet sich nach dem Handelsdefizit.
Die „Bezollten“ rennen wie aufgeregte Hühner durch den Stall. Sie empfinden die Zölle als höchst ungerecht. Ihr eigenes unfaires Verhalten ignorieren sie. Der amerikanische Markt macht 30 Prozent des Welthandels aus. Man kann dort viel verdienen und erhält Dollars statt Pesos oder Rubel. Wer sich aus diesem Markt ausschließt, ist erledigt. Der Welt bleibt nichts anderes übrig, als zu verhandeln. Wie bereits bei Mexiko und Kanada, gewährt Trump ihnen eine „Zollpause“. Was als großzügige Geste im Mainstream wahrgenommen wird, ist in Wirklichkeit eine Deadline.
Zweitens: Ausgleich des Handelsdefizits. Nun realisieren die Betroffenen, das es Trump um das Handelsdefizit geht und nicht um Zölle. Sie müssen die Handelshemmnisse aus dem Weg räumen. Viel Zeit haben sie nicht. Reichen diese Maßnahmen nicht, müssen weitere Handelsabkommen geschlossen werden. Beispielsweise können langfristige LNG(Liquefied Natural Gas) -Verträge ausgehandelt werden.
Drittens: Verteidigung ist nicht kostenlos. JD Vance will noch einen Schritt weitergehen. Die Vasallen sollen für Sicherheit und Schutz der Handelsrouten (Navy) in Zukunft bezahlen. Hält die USA den Seeweg im Roten Meer frei, muss die EU die Rechnung übernehmen. Ob das ein Teil des Verhandlungspokers ist, lässt sich im Moment noch nicht abschätzen.
Die Reindustrialisierung der USA hat begonnen. Die Welt kann sich dem nicht entziehen. Sie muss einen Teil ihrer Arbeitsplätze und ihres Wohlstands an die USA zurückgeben. Trump ist gegenüber der EU in einer guten Position. Auf der einen Seite steht Russland, innenpolitisch herrscht Chaos. Jedes Ergebnis für die EU ist schlecht, kein Verhandlungsergebnis wäre eine Katastrophe.
Die EU ist nicht das primäre Problem Trumps. Eine echte Gefahr ist China. Fliegen sie aus dem amerikanischen Markt raus, hat das unabsehbare Konsequenzen für den Vielvölkerstaat. Eines ist sicher: Chinas Aufstieg ist zu Ende. Das ist auch für Putin keine gute Nachricht. Und das weiß auch Trump.
Es entsteht eine neue Weltordnung. Die Globalisierung ist vorbei.
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