Parteipolitik: Meine Replik auf Peter Boehringer
Stellungnahme zur Kritik an mir, dem „Sandwirt“ und dem Bürgergipfel
von Oliver Gorus
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Auf X habe ich an Ostern zwei Tage Heilfasten im Feld der Social Media betrieben. Dieses 48-Stunden-Fasten liegt ja voll im Trend und soll äußerst gesund sein. Davon bin ich tatsächlich überzeugt, nicht nur beim Twittern, aber diesmal wollte ich eigentlich insbesondere dem Garten und der Familie den Vorzug geben.
Kurz vorher, am Karsamstag, setzte ich einen Ostergruß an meine Twitterblase ab mit einem traumhaften Blütenbild aus meinem Garten. Das nahm der erste Extremist als Anlass, Kriegshetze zu betreiben, und der zweite Extremist tadelte mich, ich würde die Fundamente des christlichen Abendlands untergraben, indem ich – ganz schlimm! – einen Tag vor Ostern frohe Ostern wünschte. Also nicht am Sonntag, sondern schon am Samstagabend, was seiner Ansicht nach ganz, ganz, ganz arg böse ist. Ganz schön überspannt, würde ich sagen, und dieses permanente Gemotze und Genörgel geht mir ohnehin gegen den Strich. Ich verbannte beide Extremisten in die Blockhütte, denn mein Leben ist zu kurz für so viel negative Energie.
Am Ostermontag dann kam das nächste Gemotze, diesmal von Peter Boehringer, dem profiliertesten Vertreter des letzten Rests des libertären Flügels der AfD, Berufspolitiker und seit 2017 Bundestagsabgeordneter. Das allerdings war interessant, weshalb ich darauf gerne hier antworte, auch weil ich weiß, das er die Freiheitsfunken selbst auch liest und den Link zu diesem Artikel per X erhalten wird.
Boehringer stellte ein Video auf Twitter, in dem er mich direkt ansprach, und zwar als „Salon- und Champagner-Widerständler“, wie er mich bezeichnete. Er bezog sich auf den von mir initiierten Bürgergipfel, der im September 2024 in Stuttgart stattgefunden hatte (eigentümlich frei hatte berichtet). Das Publikum von circa 900 Freiheitsliebenden hatte damals aus einer Auswahl von 36 Positionen die „12 Stuttgarter Artikel“ zusammengestellt – zwölf politische Positionen, die Ausdruck des Wunsches nach mehr Freiheit sind. Boehringer zitierte in seinem Video nun alle zwölf Positionen und reklamierte die Urheberschaft davon kurzerhand für die AfD, stellte es also so dar, als seien sie schlicht von der AfD abgeschrieben worden, ja, sie seien quasi „das Parteiprogramm der AfD“.
Er meinte, ich habe die zwölf Artikel „großspurig“ in eigentümlich frei veröffentlicht und eigentlich habe sich ja niemand dafür interessiert, aber er „mache sie jetzt mal berühmt“, indem er sie vorlese, dabei seien sie „im Original“ ja ohnehin von der AfD.
Er summierte als Nächstes das von mir herausgegebene freiheitliche Magazin „Der Sandwirt“ und mich kurzerhand zum Vorfeld der AfD und forderte, ich solle mich doch nun endlich zur AfD bekennen! Er störte sich daran, dass ich beim Bürgergipfel keinen einzigen AfDler auf die Bühne geholt hatte, obwohl ich das seiner Ansicht nach wirklich hätte tun „müssen“! Und er forderte, ich solle auf dem „Sandwirt“ nun endlich auch die AfD vorstellen, und bat mich „dringend darum, dass das nun auch mal geschieht“.
Er argumentierte, ich würde bequem und ohne Gegenwind zu erfahren lediglich publizistisch Widerstand leisten, etwas, was er viele Jahre vor mir schon längst getan habe. Heikel würde es erst dann, wenn man den „Salon- und Champagnerwiderstand“ aufgebe und wie er in Berlin, „an der Front“, dort, „wo die Machtfrage gestellt“ würde, „Frontschwein“ würde, seine Reputation aufs Spiel setze und sich persönlich mit „den absolut üblen Widerständen der Mainstreampresse hautnah auseinandersetzen muss – nur dann bewegt man etwas“.
Und dann wiederholte er, ich solle mich endlich zur AfD bekennen. Er vermutete, ich und meine Autoren beim „Sandwirt“ würden uns dafür zu fein sein. Er sei der der Meinung, andere Parteien als die AfD oder gar nicht zu wählen würde ohnehin nichts bringen. Also, wie so oft gehört: nur die AfD! Und sonst gar nichts! Alternativlos!
Nun, lieber Herr Boehringer, Leute wie Sie sind ja gerade der Grund, warum ich auf großer Distanz zu allen Parteien bin. Zu allen! Und zum ganzen System der Parteienaristokratie, bei dem Ihre Partei so gerne vollwertig mitspielen möchte. Die in Ihrem Video zur Schau gestellte Überheblichkeit demonstriert ja geradezu beispielhaft, dass Berufspolitiker glauben, zu einer Klasse von besseren Menschen zu gehören. Während Sie es sich seit acht Jahren auf Steuerzahlerkosten – also auch auf meine Kosten – bequem eingerichtet haben, halte ich als freier Unternehmer tatsächlich meinen Kopf für meine Überzeugungen hin und muss die wirtschaftlichen Konsequenzen für meine öffentlich geäußerten Meinungen knallhart hinnehmen.
Während Sie in Ihrer Berliner Schaumstoffblase im geschlossenen Club mit Ihresgleichen Parlamentsspielchen spielen und das Geld für Sie aus der Steckdose kommt, völlig unabhängig davon, ob Sie jemals etwas für das Volk und die Freiheit bewirkt haben, kämpfe ich im freien Markt gegen hundsmiserable Standortbedingungen, die Berufspolitiker (sic!) verursacht haben, und stehe trotzdem in der Verantwortung, jeden Monat die Gehälter meiner Mitarbeiter zu erwirtschaften, an denen finanziell Lebenspartner und Kinder hängen. Jedes pointierte, öffentlich geäußerte Wort kann einen Kunden kosten. Und so eine Veranstaltung wie den Bürgergipfel zu organisieren kann in der derzeitigen Hexenjagd-Grundstimmung unter den Linksextremen und ihren opportunistischen Mitläufern in der bürgerlichen Mitte einen engagierten Bürger, wenn es dumm läuft, die wirtschaftliche Existenz kosten. Erzählen ausgerechnet Sie mir doch nichts von „Salon- und Champagnerwiderstand“, während Sie Ihre fürstliche Existenz auf Kosten der Steuerzahler eingerichtet haben!
Des Weiteren: Die Urheberschaft für freiheitliche Positionen für die AfD zu beanspruchen, grenzt ja bereits an Hybris. eigentümlich frei beispielsweise kämpft an dieser Front in Deutschland seit einem Vierteljahrhundert, lange vor der Gründung der AfD. Die Prinzipien und Grundgedanken, die zu den konkreten „12 Stuttgarter Artikeln“ vom Bürgergipfel führten, wurden von Hayek, Mises, Rand, Rothbard, Friedman, Hoppe, Baader vorgedacht und aufgeschrieben – nicht von der AfD. Wenn Sie persönlich zu ähnlichen Schlüssen gekommen sind wie meine Gäste auf dem Bürgergipfel, dann freue ich mich. Aber die Tatsache, dass die libertären Gegenpositionen zum autoritären Mainstream geradezu in der Luft liegen, macht sie noch nicht zum Besitzstand der AfD.
Wenn Sie sich ein wenig mit dem Bürgergipfel beschäftigt hätten, wäre Ihnen aufgefallen, dass keine einzige politische Partei unter den Sponsoren war und dass kein einziger aktiver Politiker auf der Bühne stand – weil ich beides ausgeschlossen hatte und darum mehrere Anfragen von verschiedenen Farben abgesagt hatte. Wir wollten keiner Partei eine Bühne für ihren Wahlkampf geben, sondern die Bürger zu Wort kommen lassen. Daher ja auch der Name der Veranstaltung. Wie Sie auf die Idee kommen, ausgerechnet Politiker Ihrer Partei hätten als Einzige eingeladen werden „müssen“, kann nur mit einer reichlich verengten Denke nach dem Muster „nur die AfD“ erklärt werden.
Der „Sandwirt“ ist ausdrücklich überparteilich, die Autoren stehen unterschiedlichen Parteien mehr oder weniger nahe, wenngleich sicher eher nicht den sozialistischen – oder eben gar keiner Partei. Der „Sandwirt“ fühlt sich der Freiheit verpflichtet. Ihn zum Vorfeld einer bestimmten Partei zu erklären, ist vermessen.
Wenn Sie für die AfD Libertarismus beanspruchen, was ja based wäre, dann sollten Sie als Erstes einmal in Ihrer Partei gegen den durch und durch sozialistischen Mindestlohn ins Feld ziehen. Erstaunlicherweise steht der nämlich in Ihrem Parteiprogramm. Dann werden Sie sicher auch gegen den kollektivistischen Militärzwang aufstehen. Und dann werden Sie sich sicher auch für eine Sozialstaatsreform und eine Privatisierung der Altersrente in Ihrer Partei engagieren, nicht wahr? Oder doch nicht?
Die Problemchen mit diversen weiteren kollektivistischen oder noch heikleren Positionen vieler Ihrer Parteikollegen lasse ich mal links liegen, aber wissen Sie was mir am übelsten aufstößt an Ihrem Video? Ihre Aufforderung zu einem „Bekenntnis“!
Genau das nämlich ist rechtswoke. Dieses summarische Denken in weltanschaulichen Gruppen, die Zugehörigkeit zu einer Gruppe als Grundmotiv, die Formel „Wer nicht für uns ist, ist gegen uns“, dieses konfessionelle Groupthink, diese aus dem Feld der Religion entlehnte Figur des Bekennens, – das sind die Grundbausteine des Kollektivismus.
Wenn Sie ein Bekenntnis zu Ihrer Partei fordern, wenn Sie inhaltliche Positionen und einzelne Menschen als identisch mit Ihrer Partei ansehen, wenn Sie „nur noch AfD“ für alternativlos erklären, weil „alles andere bringt nichts“, dann kämpfen Sie nicht mit Argumenten im pluralistischen Wettbewerb der Meinungen, sondern dann kungeln Sie auf dem identitären Spielfeld, dann gleichen Sie in diesem Denkmuster den woken Linken. Nur eben rechtsrum.
Und gerade diese genuin autoritäre Parteienlogik ist aus meiner Perspektive das Grundmuster, das in den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Abgrund Deutschlands führt, ob die Farben nun Rot, Gelb, Schwarz oder Blau sind. Libertarismus ist das Gegenteil davon.
Sie liefern mit Ihrem Video ein wunderbares Beispiel für die derzeit oft gehörte These, dass die Parteien nicht die Lösung, sondern das Problem sind. Aber im Sinne des konstruktiven Widerstands möchte ich Ihnen ein Angebot machen: Sie fordern AfDler im „Sandwirt“. Gut. Ich biete Ihrer Partei Folgendes an: Ich lade Alice Weidel zu einem Gespräch mit Frauke Petry ein, moderiert von mir im Videostudio des „Sandwirts“ in Radolfzell. Thema: „Die Zukunft der individuellen Freiheit in Deutschland“ Stellen Sie den Kontakt her?
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