Lehre und Forschung: Gib einem Menschen „Bildungspolitik“ und du ernährst ihn für eine Wahl …
Warum man Menschen höchstens lehren sollte, wie man sich selber lehrt
von Axel B.C. Krauss

Den meisten Menschen dürfte der dem chinesischen Philosophen Konfuzius zugeschriebene Spruch bekannt sein: „Gib einem Mann einen Fisch und du ernährst ihn für einen Tag. Lehre einen Mann zu fischen und du ernährst ihn für sein Leben.“
Dies ließe sich wunderbar auf Bildungspolitik übertragen: „Gib einem Menschen staatliche Bildung, sprich Indoktrination, und du lehrst ihn, bei der nächsten Wahl die ‚Richtigen‘ zu wählen. Bringe ihm bei, wie man sich selber etwas beibringt, und du lehrst ihn fürs ganze Leben.“
Die seit einiger Zeit tobenden Diskussionen – nicht nur in den USA, sondern auch hierzulande – über die „Bildungspolitik“ Trumps und vor allem seine Haltung gegenüber bestimmten Universitäten entzieht sich daher meinem Verständnis. Ich halte sie samt und sonders für kontraproduktiv und schädlich. Es läuft auf die altbekannte Frage hinaus: „Who watches the watchers?“ – „Wer kontrolliert die Kontrolleure?“
Man kann zweifellos über Sinn und Zweck mancher Studienfächer diskutieren. Wenn eine Regierung sich allerdings ständig einmischt und Vorgaben machen will, was die „richtigen“ Inhalte für Lehre und Forschung seien, begibt man sich auf das, was man im Englischen einen „slippery slope“ nennt, einen rutschigen Abhang. Trump bezeichnete unter anderem Harvard als „linksgerichtet“ oder „woke“ – solche Verallgemeinerungen sind einfach falsch. Es gibt dort – wie an vielen anderen Universitäten auch – zwar Vertreter dieser skurrilen Spezies, aber eben auch Konservative oder Libertäre.
Bildungsstätten wie Schule und Universität sollten weitestgehend politikfrei sein. Das ist natürlich nur ein Ideal, das in der Realität eh nicht erreichbar sein dürfte. Man denke nur an die deutschen Universitäten und ihre Heerscharen an Politologen, die nicht ganz zufällig in weit überwiegender Zahl fast wie „normiert“ wirken: Sie liefern standardisierte Phrasen, die auf dieselbe etatistische Haltung hinauslaufen. In dieser Hinsicht kann man solche Studienfächer eigentlich nur noch als staatliche Zuchtanstalten des Denkens bezeichnen. Staatstragende „Philosophen“ wie ein Habermas stehen dafür als „Musterbeispiel“.
Dasselbe gilt natürlich für die vom Mainstream regelmäßig befragten „Experten“, die zwar das Wort „Verschwörungstheorie“ buchstabieren können, denen es aber erfahrungsgemäß fast ausnahmslos am nötigen Wissen mangelt, um überhaupt einschätzen zu können, wann dieser Begriff angebracht ist oder nicht. Mithin der schon seit Jahren beklagte „Bildungsnotstand“ im staatlichen Schulwesen eindrücklich demonstrierte, welche Folgen diese Art der Konditionierung zum „mündigen, aufgeklärten“ Stimmtrottel hat.
Das waren sicher keine netten Worte. Angemessen sind sie dennoch. Ich durfte es selber immer wieder erleben, wie manche Menschen von einem völlig falschen Erziehungsbild ausgehen: Jetzt habe ich einen Hochschulabschluss, ergo bin ich „fertig“ und ein „gebildeter Mensch“. Wie bitte? Lernen ist tatsächlich ein lebenslanger Prozess. In den allermeisten Fachgebieten gibt es regelmäßig etwas dazuzulernen, Wissen wird ständig erweitert beziehungsweise Wissenshorizonte verschieben sich.
Das hat natürlich nicht nur mit der Natur des Bildungswesens zu tun, ob also nun staatlich oder privat, sondern ist ganz einfach der Tatsache geschuldet, dass die Menschheit – aus einer größeren historischen Perspektive betrachtet – vergleichsweise erst vor einem Augenblick begann, sich aus den seit Jahrtausenden währenden Zuständen der Vergangenheit zu befreien: Der größte Teil der Bevölkerung bestand – was keineswegs abwertend gemeint ist – aus Bauern und Handwerkern. Analphabetismus, Illiteratentum und aus heutiger Sicht mangelhafte Bildung waren vorherrschend, darüber thronte eine Oberschicht oder Elite – meist autokratische/autoritäre oder gar totalitäre Systeme.
Vor diesem Hintergrund ist es gerade mal 350 bis 400 Jahre her, dass Mechanisierung, Automatisierung und Industrialisierung dazu beigetragen haben, dass der Mensch die vormals überlebensnotwendigen Tätigkeiten an eine Maschinerie externalisieren konnte, die ihn von diesen Lasten befreite. Was zur Freisetzung dessen führte, was der französische Soziologe Gérard Bronner als „Gehirnzeit“ bezeichnet: Der Mensch begann, sein geistiges Potenzial aus den Ketten der „unmittelbaren Naturzwänge“ zu befreien.
Da nach wie vor das Massenzeitalter vorherrscht, in dem sich, wie Clive Staples Lewis in seinem Buch „The Abolition of Man“ („Die Abschaffung des Menschen“) richtig feststellte, eine „neue Klasse von Konditionierern“ herausbildete, die über ein staatliches Massenbildungswesen Einfluss auf das „Stimmvieh“ zu nehmen versuchen, isst die ganze Diskussion über Trumps Verhalten für mich überflüssig: Hände weg von Kinderköpfen, Hände weg von Forschung und Lehre. Zumal die sogenannte „Wokeness“, das „Gendern“ – wie auch immer man es nennen will – ja von vornherein ein staatliches „Umerziehungsprogramm“ war. Eine bestimmte staatliche Bildungspolitik durch eine andere ersetzen zu wollen, heißt für mich, den Teufel durch den Beelzebub auszutreiben. Lewis schrieb: „Und die ganze Zeit – das ist das Tragische an unserer Situation – rufen wir nach genau den Eigenschaften, die wir unmöglich machen. Man kann kaum eine Zeitschrift aufschlagen, ohne auf die Aussage zu stoßen, dass unsere Zivilisation mehr ‚Antrieb‘ oder Dynamik oder Selbstaufopferung oder ‚Kreativität‘ brauche. In einer Art grässlicher Einfalt entfernen wir das Organ und verlangen die Funktion. Wir machen Männer ohne Brust und erwarten von ihnen Tugend und Unternehmungsgeist. Wir lachen über die Ehre und sind schockiert, wenn wir Verräter in unserer Mitte finden. Wir kastrieren und befehlen den Wallachen, fruchtbar zu sein“ (C.S. Lewis, „The Abolition of Man“, The Macmillan Company, 1947, Seite 16, meine Übersetzung).
Lewis schrieb ferner: „Denn die Macht des Menschen, sich zu formen, wie er will, bedeutet, wie wir gesehen haben, die Macht einiger Menschen, andere Menschen zu dem zu machen, was sie wollen. In allen Zeitaltern haben Erziehung und Unterricht zweifellos in gewisser Weise versucht, diese Macht auszuüben. Aber die Situation, auf die wir uns einstellen müssen, wird in zweierlei Hinsicht neu sein. Erstens wird die Macht enorm gesteigert werden. Bisher haben die Pläne der Pädagogen nur sehr wenig von dem erreicht, was sie versuchten, und in der Tat, wenn wir sie lesen – wie Plato jeden Säugling ‚als Bastard in einer Schreibstube‘ aufziehen lassen will, und Elyot will, dass der Junge vor dem siebten Lebensjahr keine Männer und danach keine Frauen sieht, und wie Locke will, dass Kinder undichte Schuhe haben und sich nicht für Poesie interessieren –, können wir der wohltätigen Hartnäckigkeit echter Mütter, echter Ammen und (vor allem) echter Kinder dafür danken, dass sie das Menschengeschlecht so gesund erhalten haben, wie es noch ist. Aber die Menschenformer des neuen Zeitalters werden mit den Kräften eines allmächtigen Staates und einer unwiderstehlichen wissenschaftlichen Technik bewaffnet sein: Wir werden schlussendlich eine Spezies von Konditionierern bekommen, die wirklich die ganze Nachwelt in der Form herausschneiden kann, die sie will.“
Mehr braucht man über „Bildungspolitik“ wirklich nicht zu sagen. Schule und Universität sind oder sollten höchstens Wegweiser sein, eine Anleitung zum eigenen Entdecken und Forschen. Sie sollten die Neugier und den Wissensdurst fördern, aber kein „Ausbildungsprogramm“ sein dergestalt, dass man durch Wählen welcher „Anführer“ auch immer eine „bessere“ Bildung zu erwarten hätte. Eigeninitiative zu fördern, sollte oberste Priorität sein – aber man sollte um Himmels willen keine politischen/ideologischen Schützengräben aus Bildungsinstitutionen machen.
Bis nächste Woche.
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