22. Juli 2025 11:00

Top Spin: Zitat der Woche „It’s boring stuff…“

Donald Trumps schockierende Entzauberung

von David Andres drucken

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Bildquelle: Shutterstock Trump und die Causa Epstein: Ist der Präsident am Ende doch nur ein feiges Huhn?

Oder: Wie der scheinbare Erlöser sich als bösester aller Onkel entpuppt.

Alex Jones weint. In seinem Auto schnappt er nach Luft bei dem Versuch, die Tränen zu unterdrücken. Es sieht aus, als wolle er mit der Zunge Fliegen fangen. Schon in der ersten Amtszeit hat er Trump unterstützt. Nach dem Sieg Joe Bidens versprach er beim „Million MAGA March“ im November 2020, dass er und die Bewegung Donald Trump zu einer zweiten Amtszeit verhelfen werden: „Keine Sorge, Mister President. Die Kavallerie ist auf dem Weg.“ Seine Unternehmung „InfoWars“ ging 2022 pleite, er selbst Ende desselben Jahres, mittlerweile hat eine US-Entsprechung zu unserem „Postillon“ die Seite gekauft und will sie in eine Parodie auf „Verschwörungstheorien“ verwandeln, deren radikalster Vertreter in jeder Form und zu fast jedem Thema Alex Jones war und ist. Vor allem hoffte er wie alle Trump-Anhänger darauf, dass Donald den widerwärtigen Sumpf der weltweiten Elite trockenlegt, die auf der Kundenliste von Jeffrey Epstein stand.

Und jetzt?

Jetzt sitzt dieser vermeintliche Erlöser von dem Bösen, der angebliche Rebell, den das Orakel von „QAnon“ über Jahre zum Auserwählten erklärte, vor Kameras und behauptet, die ganze Geschichte rund um Epstein wäre eine Illusion, ein Betrug, eine Fälschung. In die Welt gesetzt von Demokraten und der Bundesermittlerin Maurene Comey, die auch am Fall von P. Diddy dran war, der ebenfalls im Sande verlief. Sie ist ihres Amtes mittlerweile enthoben.

Der aus meiner Sicht empörendste Satz, den Donald Trump in dieser Sache kürzlich geäußert hat, lautete: „It’s boring stuff.“ Langweiliger Stoff sei sie, diese ganze Epstein-Sache, er könne gar nicht verstehen, wieso man überhaupt noch darüber rede. Was Trump dort anstellt, nennt sich bekanntlich „Gaslighting“ und er praktiziert es in einem Umfang, dass man Nordstream 2 damit in einer Sekunde zum Platzen füllen könnte. Um mal einen Vergleich anzustellen: Denken Sie sich eine junge Frau, die sich ihrem Onkel anvertraut und ihm davon erzählt, dass ihr Vater – sein Bruder – sie seit Jahren missbrauche. Keiner weiß davon, er ist ein angesehener Mann, eine Stütze der Gemeinde. Lange hat sie gezögert, es irgendjemandem zu sagen. Zu ihrer Erleichterung reagiert der Onkel voller Zorn auf seinen Bruder, glaubt ihr und verspricht, alles zu unternehmen, um den Bruder zu überführen und der gerechten Strafe auszusetzen. Die junge Frau verlässt sich darauf, kann ihr Glück kaum fassen, dass sie unter all den Erwachsenen, die sie bislang grundsätzlich als falsch und manipulativ erlebt hat, endlich den Einen findet, der sich für sie einsetzen wird.

Und jetzt?

Jetzt steht die junge Frau vor diesem Onkel und der Onkel tut so, als hätte er dieses Versprechen niemals gegeben. Entgeistert sieht er sie an und fragt sie, ob sie immer noch über „diese Sache“ nachdenke, über dieses „langweilige“ Thema, das zudem eine Einbildung von ihr gewesen sei, eine Erfindung der Gegner ihres Onkels, auf welche auch sie reingefallen sei.

Eine „Influencerin“ brachte es vergangene Woche auf den Punkt, indem sie sagte, wir mögen uns das alles vor Augen führen: Es gelte nun als offizielle Politik der US-Regierung, Sexualstraftäter und Kinderschänder vor den Augen der Welt davonkommen zu lassen. Ein anderer „Influencer“ (ich versäume stets, diese Reels zu speichern) machte darauf aufmerksam, was jetzt in den Seelen und Köpfen der Menschen geschehen wird, da sie endgültig sehen – es gibt keine Wahl, keine Alternative. Wenn’s um das Böseste, Dämonischste und Widerwärtigste geht, das man sich denken kann, sind sich Demokraten wie Republikaner einig. Menschen, die keine Wahl mehr innerhalb des Systems erkennen, bleibe nur noch die Revolution.

Natürlich hätte man es wissen können bei einem Mann, der Best Buddy mit Epstein war, der zahlreiche Belästigungsklagen am Hals hat, der damals einfach in die Umkleiden der von ihm gesponserten Model-Wettbewerbe marschierte, der über seine eigene Tochter sagte, wie „hot“ sie sei und der berühmt wurde für den Spruch, er könne Frauen einfach so in den Schritt greifen, ohne dass ihm was geschehe. Das „Wall Street Journal“ publizierte jetzt  einen handschriftlichen Brief Trumps an Epstein zu dessen 50. Geburtstag, in dem er ihm durch die Blume zu seinem ekelhaften „Lebensstil“ gratuliert. Was sagt Trump? „Eine Fälschung!“ – Natürlich, er wird klagen, wie er alle kaputtklagt, die den Finger in von ihm verursachte Wunden stecken. Das jüngste Meme von Alex Jones zeigt ihn nicht weinend, sondern brüllend, außer sich vor Zorn. „Es geht um Kinder!“, schreit er und haut auf den Tisch, die Adern pochend, „um Kinder!“

Wir alle haben uns damals ein wenig gefreut, als Trump Präsident wurde und sich aufstellte gegen das bisherige Establishment und seine Untaten. Wir alle kauften es ihm bis zu einem gewissen Grad ab, weil wir dachten, er fühle sich von seinen ehemaligen besten Freunden verraten und würde sie alle allein schon ob seines fragilen Egos zur Strecke bringen.

Wird er nicht.

Er ist ein Trojaner, ein Virus in der Matrix, mit dem die Programmierer dem Widerstand weißmachen wollten, er wäre fast am Ziel. Oder, religiös gesprochen, was mittlerweile viele Christen tun – er ist der Antichrist.

Die sogenannten „Libertären“, mit denen er sich umgibt und von denen er sich unterstützen lässt, sind als Denker der „Dunklen Aufklärung“ bloß andersartige Totalitäre – was ich in einem ausführlichen Essay in eigentümlich frei ausgeführt habe. Die ganzen Widerlinge dieser Welt, mit denen er wahrscheinlich gemeinsam die „Dienste“ von Epstein in Anspruch nahm, stehen unter seinem Schutz. Sein angeblich angeschossenes Ohr ist wundersam perfekt verheilt. Es ist wahrlich nur noch zum Schreien – und Heulen.

Quellen:

Trump calls Epstein case 'boring stuff' and says he plans to put tariffs on smaller countries (AP)

Satirezeitschrift „The Onion“ kauft Verschwörungstheoretiker-Internetportal (Spiegel)

Medien: Ermittlerin gefeuert – an Epstein-Fall mitgearbeitet (SWI)

US-Präsident Trump verklagt „Wall Street Journal“ auf Milliarden Dollar Schadenersatz (Deutschlandfunk)


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