Gestahlfedert: Unsokratie: Konsens statt Nonsens
„Unsere Demokratie“ – nur gefühlsecht mit ohne Opposition!

Bevor ich zur Sache komme, möchte ich eingangs ein Dankeschön aussprechen an den wunderbaren Peter Lancester, den ich Ende Mai im Rahmen des Bundesparteitags der PdV, wo ich als Gastredner eingeladen war, kennenlernen durfte. Wir hatten lange, angeregte und – zumindest für mich – intellektuell herausfordernde Gespräche zu diversen Themen rund um den Libertarismus und dessen Verhältnis zur real existierenden Realität. Dabei kam ich in den Genuss seiner genialen Wortschöpfung „Unsokratie“ für – Sie ahnen es schon – den neuen links-grün-woken Kampfbegriff „unsere Demokratie“, die ich seitdem immer wieder gerne verwende. In der Hoffnung, das Ding geht viral, denn es wäre mehr als verdient. Auch wenn das Urheberrecht unter Libertären eher verpönt ist, so mag ich es dennoch nicht, mich mit fremden Federn zu schmücken, weshalb ich Peter Lancester hier explizit erwähne, denn Ehre, wem Ehre gebührt.
Was ist nun der Unterschied zwischen jener Demokratie, die die Älteren unter uns noch kennenlernen durften, die für sich selbst stand und daher ohne Possessivpronomen auskam, und besagter „Unsokratie“?
Nun, letztere bedeutet ganz einfach, dass sich der lästige Pöbel (also known as „Souverän“) nicht in undemokratische Hinterzimmer-Mauscheleien und Pöstchen-Geschacher mit Parteibuch-Präferenz einzumischen hat, weil die „Nationale Front 2.0“ das gefälligst unter sich ausmachen will.
Vor allem nicht bei so essenziell wichtigen Fragen wie beispielsweise der Besetzung des höchsten deutschen Gerichts, wenn das vereinigte Altparteien-Kartell möglicherweise einen juristischen Putsch plant, um sich mit Hilfe eines opportun besetzten Bundesverfassungsgerichts endlich die lästige Opposition vom Hals zu schaffen, weil diese eben nicht Teil der Unsokratie ist.
Merke: So etwas wie eine Opposition ist ein ewig-gestriges Relikt aus dunkelsten Zeiten, als die Demokratie noch völlig nackisch dastand, also ohne schützendes Possessivpronomen. Zum Glück haben wir diese Barbarei der unterschiedlichen Meinungen, die man mal aushalten musste, längst final überwunden. Daher reicht es heute völlig aus, die Wahl zwischen einer Handvoll linksgrüner oder grünlinker Parteien zu haben. Diese bilden das Herzstück der Unsokratie, wo alle einer Meinung sind, nämlich der einzig „guten“ und „wahren“, und folglich der automatisch „richtigen“, weshalb das Motto lautet: „Konsens statt Nonsens!“ Diese gleichermaßen originelle wie griffige Parole ist daher nicht nur universell, sondern macht auch richtig Laune, womit sie sogar die Eignung aufweist, bei zukünftigen Sammelstellen für Unsokratie-Gegner als Schriftzug über der Toreinfahrt zu prangen.
Allerdings brauchen wir gar nicht so groß zu denken und so weit zu greifen, denn die Unsokratie ist längst schon in den kleineren Entitäten angekommen. Zum Beispiel in Ludwigshafen: Die älteren unter meinen Lesern erinnern sich vielleicht noch an diese Stadt, die es streng genommen nur gibt, weil es die „Badische Anilin- und Sodafabrik“ (oder wie Profis sagen: BASF) gibt. Und sollte sich dieses Unternehmen dort mal ganz zurückziehen, wird zwei Wochen später – ähnlich wie in einer verlassenen Goldgräber-Stadt des Wilden Westens – das Tumbleweed durch die hohlen Gassen tumbeln.
In Ludwigshafen wurde jüngst im von der scheidenden Oberbürgermeisterin geleiteten Wahlausschuss der Kandidat der AfD, Joachim Paul, nicht zur bevorstehenden Oberbürgermeister-Wahl zugelassen. Mit der Folge, dass zu dieser Wahl niemand antreten wird, der für Menschen wählbar wäre, die immer noch der Illusion verfallen sind, man könne sich des vorherrschenden links-grün-woken Ökobolschewismus mit demokratischen Mitteln entledigen. Ja, Freunde, das ginge vielleicht (aber auch nur vielleicht!) in einer Demokratie, aber doch bitte nicht in der Unsokratie!
Kurz zur Erklärung: Die Aufgabe eines solchen Wahlausschusses besteht vornehmlich in einer Prüfung, ob bei den Kandidaten die formellen Voraussetzungen erfüllt sind, um an der Wahl teilnehmen zu können. Also ob alle erforderlichen Unterlagen fristgerecht eingereicht und an der richtigen Stelle unterschrieben wurden, und ob derjenige auch wirklich der ist, der er vorgibt zu sein. Doch – so war es ursprünglich mal der Sinn jener altertümlichen Demokratie ohne Possessivpronomen – über alles andere, also vornehmlich die inhaltlichen Positionen, hat dann eigentlich der Souverän, also der Wähler, zu entscheiden.
Aber auch nur eigentlich! Anders als beispielsweise bei gewählten Bundes- oder Landtagsabgeordneten, gibt es bei hauptamtlichen Bürgermeistern größerer Städte in den meisten Bundesländern (so auch in Rheinland-Pfalz) eine kleine Besonderheit: Diese sind qua officio für den Zeitraum ihres Wirkens der Chef (also oberster Dienstherr) der Stadtverwaltung, welche eine Behörde ist, weshalb hauptamtliche Bürgermeister meist für die Dauer ihrer Regentschaft verbeamtet und somit zu Beamten auf Zeit werden. Der korrekte Begriff dafür ist „Wahlbeamter“, weil man in den Beamtenstatus hineingewählt wird. Dies geschieht unter anderem, weil bestimmte Aufgaben des Bürgermeisters hoheitliche Tätigkeiten sind, die nach deutschem Beamtenrecht nur von Beamten ausgeübt werden dürfen. Und für Beamte gilt rechtlich zwingend, dass sie jederzeit auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung stehen müssen. Daher hat der Wahlausschuss in solchen Fällen auch zu prüfen, ob das der Fall ist.
Für Ludwigshafen sagt die Verwaltungsvorschrift zu Paragraph 53 der Gemeindeordnung: „Ob ein Bewerber […] wählbar ist, prüft und entscheidet der Wahlausschuss. Dies gilt auch für die Voraussetzung, dass der Bewerber die Gewähr dafür bietet, dass er jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes eintritt.“ Wobei man wissen muss, dass eine Verwaltungsvorschrift kein Gesetz ist, sondern nur eine (meist behördeninterne) Vorschrift zur Ausführung eines Gesetzes.
Auch hier hat der Wahlausschuss zunächst zu prüfen, ob formelle Gründe vorliegen, die dem entgegenstehen. Das wäre zum Beispiel gemäß Paragraph 45 Absatz 1 des Strafgesetzbuchs der Fall, wenn ein Bewerber innerhalb der letzten fünf Jahre wegen eines Verbrechens rechtskräftig zu mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe verurteilt wurde, oder wenn ihm das Bundesverfassungsgericht aus irgendeinem Grund das passive Wahlrecht entzogen hätte.
Offensichtlich gehört an dieser Stelle jedoch eine materielle Prüfung ebenfalls mit zum Aufgabenbereich des Wahlausschusses, wie ich nach einer intensiveren Befassung mit der Materie dazulernen musste. Zunächst war ich – unter anderem bestärkt durch Medienkommentare populärer Juristen – irrtümlich davon ausgegangen, dass in einem Rechtsstaat nur durch ein ordentliches Gericht festgestellt werden darf, dass jemand nicht mit beiden Beinen auf dem Boden der Verfassung steht, und nicht durch ein möglicherweise ausschließlich mit handverlesenen Handlangern des etablierten Machtkartells ohne zwingend erforderliche Expertise besetztes Kaffeekränzchen. An der Stelle hätte ich sofort eingewandt, dass ein solches Instrumentarium förmlich zum Missbrauch einlädt, um einen aussichtsreichen Kandidaten der Konkurrenz mit fadenscheinigen Gründen bereits im Vorfeld der Wahl aus dem Rennen zu nehmen. Dafür bräuchte man ja bloß bei der gegenüber den Etablierten weisungsgebundenen Verfassungsschutzbehörde ein kleines „Gutachten“ in Auftrag zu geben, das wunschgemäß zu dem Ergebnis kommt, der Kandidat habe ein ambivalentes Verhältnis zu den Werten unseres Grundgesetzes und stehe auf Kriegsfuß mit der dort neuerdings hineininterpretierten heilen „Wir-sind-alle-bunt-und-divers-und-haben-uns-ganz-doll-lieb“-Welt; außerdem vertrete er die Ansicht, das sogenannte „Bürgergeld“ solle auch nur an Bürger gezahlt werden – Zack! „Prädikat: Nazi“ auf die Stirn gestempelt, und schönen Tag noch!
Erstaunlicherweise ist so etwas bisher noch nie vorgefallen. Vielleicht weil es in der alten Demokratie unter echten Demokraten einen Grundkonsens gab, dass man sich im Wettbewerb um die Wählergunst mit den besseren Angeboten und Argumenten gegen den politischen Gegner durchsetzen müsse, statt mit miesen Tricks seine Teilnahme an diesem Wettbewerb zu verhindern.
Ja, so mag es gewesen sein, damals in der Demokratie, aber jetzt leben wir – wie eingangs festgestellt – bekanntlich in der Unsokratie, und da gelten andere Spielregeln, nämlich – wie ebenfalls eingangs festgestellt – dass Opposition Schnee von gestern ist, weil diese nur beim reibungslosen Durchregieren zwecks Verteilung der Beute an die Genossen stört. Also setzt man zunächst steuergeldfinanzierte Randalierer-Trupps darauf an, Stimmung gegen den Kandidaten der blauen Schwefelpartei zu machen, während man gleichzeitig – wie oben beschrieben – beim Verfassungsschutz zwei Praktikanten ein paar Tage vor einem internetfähigen Computer parkt, um auf läppischen 10 Seiten alles zusammen zu kopieren, was der Delinquent auf öffentlichen Plattformen bisher so von sich gegeben hat.
In diesem konkreten Fall kamen dabei gar schreckliche Dinge ans Licht: Joachim Paul hat einfach die falsche politische Einstellung und ist dabei auch noch uneinsichtig, weil er partout dabeibleiben will! Und dann kennt er auch noch die falschen Leute, die wiederum zu den falschen Organisationen gehören! Zwar ist keine der vertretenen Ansichten rechtswidrig, keiner der Kontaktschuld-Kontakte ein Krimineller und keine der benannten Organisationen verboten, aber hier geht es nicht um Fakten, sondern um gefühlte Wahrheiten. Dafür wird auf den guten alten Trick mit dem Label „rechtsextrem“ oder seiner Hosenbandorden-Variante „gesichert rechtsextrem“ zurückgegriffen. Die Masche wirkt immer, vor allem, da nur die wenigsten Menschen wissen, dass es für diesen Begriff keine offizielle Legaldefinition gibt, weshalb die (dem jeweiligen Innenministerium weisungsgebunden unterstehenden) Verfassungsschutz-Ämter ihre eigene Definition frei erfinden und jederzeit ebenso frei Schnauze ändern können, wenn sich „die Lage ändert“. Und so wird es halt so lange passend gemacht, bis sie alles, was ihnen (oder ihren Dienstherren) nicht genehm ist, mit diesem Label versehen können: Die „Identitäre Bewegung“, das „Compact-Magazin“ oder mal eben die ganze AfD. Der libertäre Ansatz lautet: Wenn ich die „Identitäre Bewegung“ nicht mag, trete ich ihr nicht bei. Wenn ich das „Compact Magazin“ nicht mag, lese ich es nicht. Wenn ich die AfD nicht mag, wähle ich sie nicht. Aber beim Verfassungsschutz geht es nicht darum, Menschen frei entscheiden zu lassen mit dem Risiko unerwünschter Resultate, oder gar die Verfassung vor echten Feinden zu schützen, sondern einzig und allein darum, das amtierende Machtkartell vor der Verfassung zu beschützen.
Und weil Herr Paul gleich mit allen dreien seine Berührungspunkte hatte oder hat, muss ja was dran sein! Das wirklich geniale an diesem Trick ist, dass die Verfassungsschutz-Ämter sich in Wahrheit zwar nur auf ein von ihnen selbst frei erfundenes Label mit einer ebenfalls von ihnen frei erfundenen Definition berufen, aber nach außen hin so tun, als handele es sich dabei um eine neutrale, seriöse und offizielle Einstufung – das ist die Königsklasse des Zirkelschlusses und damit Vollverarschung am Hochreck: „Wir sagen, dass jemand rechtsextrem ist, weil er jemanden kennt, der ebenfalls rechtsextrem ist, weil wir sagen, dass er rechtsextrem ist. Und wir bestimmen auch, was rechtsextrem ist.“
Insgesamt ist dieses „Gutachten“ genauso hochnotpeinlich substanz- und belanglos wie jenes, das vor einigen Monaten vorgelegt wurde, um die gesamte AfD als „gesichert rechtsextrem“ einzustufen. Der einzige Pluspunkt ist der um neunzig Prozent geringere Umfang, was den Schmerz beim Lesen deutlich reduziert. Zumindest in meinen Augen. Doch bilden Sie sich mithilfe des untenstehenden Download-Links gerne Ihre eigene Meinung!
Damit wäre das nun final geklärt: Der Mann ist nicht tragbar! Wer heute noch unerwünschte Meinungen vertritt und unerwünschte Personen kennt, sorgt morgen schon dafür, dass die Güterzüge in Ludwigshafen nicht mehr mit Ausverkaufs-Ramsch zwischen der BASF und dem großen Rheinhafen verkehren, sondern mit einer völlig anderen Ladung gleich nonstop durchbrettern bis nach Au… Autsch! Daher: „Nie wieder“ ist heute, hier und jetzt!
Zurück zur Sachlichkeit: Von einem Wahlausschuss nicht zu einer Wahl zugelassen zu werden, ist juristisch ausgedrückt ein Verwaltungsakt. Um diesen anzufechten, muss man folglich vor ein Verwaltungsgericht ziehen. Und da die Zeit drängt, weil die Wahl vor der Tür steht und man deswegen nicht jahrelang rumprozessieren kann und will, bietet sich zunächst an, einstweiligen Rechtsschutz im Eilverfahren zu suchen. Dabei prüft das Gericht nicht jedes kleinste Detail, sondern schaut mal grob aufs große Ganze, und wägt vor allem sehr viele Faktoren ab.
Das Verwaltungsgericht hätte den Verdacht aussprechen können, dass Paragraph 53 Absatz 3 Satz der Gemeindeordnung Rheinland-Pfalz in Konflikt mit der Verfassung stehen könnte, weil er nämlich mit dem Demokratieprinzip kollidiert. Das Problem wäre jedoch, dass das Verfahren an der Stelle vorerst ausgesetzt wird, um besagtes Gesetz dem Bundesverfassungsgericht zur Normenkontrolle vorzulegen, da dieses das Monopol auf die Entscheidung über die Verfassungswidrigkeit einer Rechtsnorm innehat. Und dann ist Schluss mit Eilverfahren, denn ein Normenkontrollverfahren ist stets ein Hauptsacheverfahren und dauert gerne mal fünf bis sieben Jahre.
Das Verwaltungsgericht hätte aber auch entscheiden können, dass der Wahlausschuss bei der materiellen Prüfung in der vorliegenden Form ein wenig übers Ziel hinausgeschossen ist.
Hätte es diese Rechtsfragen außen vorgelassen oder anders bewertet, hätte das Verwaltungsgericht stattdessen aufgrund des komplett substanzlosen „Gutachtens“ des Landesverfassungsschutzes, dessen läppische zehn Seiten auch in einem Eilverfahren problemlos hätten durchgeprüft werden können, die Entscheidung des Wahlausschusses kassieren können.
Doch selbst wenn das Verwaltungsgericht sämtliche Wege verschmäht hätte, müsste es wenigstens abwägen: Was hätte wohl den kleineren Schaden verursacht? Hätte man Herrn Paul zur Wahl zugelassen, und nach der Wahl hätte sich herausgestellt, dass sein Ausschluss doch rechtens war, hätte das doch nur ernsthafte Konsequenzen gehabt, wenn er tatsächlich zum Oberbürgermeister gewählt worden wäre, was eher unwahrscheinlich ist. Hätte man Herrn Paul nicht zur Wahl zugelassen, und das hätte sich dann nach der Wahl als rechtswidrig herausgestellt, wäre damit wohl die gesamte Wahl anfechtbar geworden und müsste gegebenenfalls wiederholt werden müssen, mit einem großen Sympathievorsprung für den eigentlich unerwünschten Kandidaten. Jeder normale Mensch dürfte wohl die zweite Alternative für den größeren Schaden halten, und erst recht die Anhänger der Unsokratie. Zumindest wenn sie schlau wären.
Wie auch immer: Alle Juristen, deren Einschätzung mich erreichte, ob direkt oder indirekt, waren sich einig und sicher, dass dieser totalitäre Willkür-Akt der Unsokratie einer gerichtlichen Überprüfung nicht standhalten würde.
Dass das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße jedoch keinen dieser Wege beschritten hat, und auch sonst keinen anderen, und auf die Meinung zahlreicher geschätzter Rechtsgelehrter schlichtweg gesch… und stattdessen Joachim Pauls Eilantrag vollumfänglich abgelehnt hat, war ein echter Schock und hat tatsächlich den einen oder anderen bisher noch vom Rechtsstaat überzeugten Juristen aus den Socken gehauen. Zumindest kurzfristig.
Tatsächlich hat das Gericht das glatte Gegenteil von alldem entschieden: Es bejahrte das Recht, sogar die Pflicht des Wahlausschusses zu einer materiellen Prüfung der Eignung des Kandidaten. Es beanstandete das „Gutachten“ nicht, sondern erklärte eine Prüfung desselben aufgrund Zeitmangels für unmöglich. Und es sah ohnehin keinen Grund für eine Eilentscheidung, da solche Dinge doch besser in aller Ruhe nach der Wahl geklärt werden sollten, also wenn’s eh zu spät ist und keinen mehr interessiert. Und dann verwies es noch auf laufende Verfahren zur Einstufung der AfD durch den Verfassungsschutz, um anzudeuten, dass allein die Mitgliedschaft in der AfD bereits einen begründeten Verdacht auf mangelnde Verfassungstreue darstellen könne. Soweit meine polemische Kurzfassung des Entscheids – eine differenziertere Meinung können Sie sich auch hier bei der Lektüre des Volltextes gerne wieder selbst bilden, dank untenstehendem Link.
Bevor das in einer Jura-Vorlesung ausartet, die mir nicht zusteht und Sie vielleicht langweilen könnte, verlassen wir an dieser Stelle die rechtsstaatliche Perspektive, um unschön auf dem Boden der politischen Realität aufzuprallen. Wer sich umfassender und vor allem kompetenter über die hier tangierten Rechtsfragen und Rechtsfolgen informieren will, dem kann ich wärmstens das Interview mit dem großartigen Ulrich Vosgerau auf „Tichys Einblick“ vom 23. August empfehlen; den Link finden Sie unten. Dieser Mann besitzt die seltene Begabung, Staatsrecht kompetent und gleichzeitig faszinierend spannend und für jedermann verständlich erklären zu können.
Wir haben hier nicht weniger als die Blaupause für ein faktisches AfD-Verbot ohne echtes AfD-Verbot. Wenn das Schule macht, dann kann künftig jeder Wahlausschuss den Kandidaten der AfD nicht zur Wahl zulassen, einfach nur, weil er in der AfD ist und AfD-Positionen vertritt. Und falls er versehentlich mal drei Sekunden dieselbe Luft geatmet hat wie Martin Sellner, kann man ihn auch gleich auf dem Marktplatz teeren und federn – sicher ist sicher! Ein Verwaltungsgericht, das das durchwinkt, braucht dann bloß nicht mehr weit zu sein, und schon kann sich die Unsokratie von ihrer schönsten (Sie wissen schon…) Seite zeigen, und das vor allem ungestört.
Als Schlussgag sollte eigentlich die Feststellung fungieren, dass ausgerechnet jenes Parteienkartell, das sich in jedem Satz mindestens viermal selbst als „wir Demokraten“ beweihräuchert und dabei die AfD als „demokratiefeindlich“ stigmatisiert, die angeblich die Demokratie abschaffen will, ohne das inhaltlich auch nur im Geringsten substantiieren zu können, selbst genau das tut, was es der AfD vorwirft: Die Demokratie abschaffen – aus Angst vor der Demokratie: Also vor einem Wahlausgang, der den Etablierten ihren über Jahrzehnte mühsam ergaunerten ungehinderten Zugang zu der üppigen, von Leistungsträgern geraubten Beute erschweren oder gar verwehren könnte.
Und um nichts anderes geht es. Inhalte sind diesen abgehobenen, machtlüsternen, vollgefressenen, psychopathischen Parasitär-Existenzen dabei völlig egal.
Daher wird mein tatsächlicher Schlussgag aus einem Bonmot bestehen, das ich mit Wonne einem überzeugten Hardcore-Kommunisten gestohlen habe: „Erst kommt das Fressen, dann die Moral!“ Bitte verschlucken Sie sich jetzt nicht vor Schreck an einem Haifischzahn!
Nachtrag: Ich hatte den Artikel kaum beendet, da erreichte mich die Information, dass für die bevorstehenden Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen bereits mehreren AfD-Kandidaten von Wahlausschüssen mit exakt derselben Begründung die Zulassung zur Wahl verweigert wurde. Und das sogar schon einige Wochen vor der Causa Paul in Ludwigshafen, jedoch ohne jedwede relevante öffentliche Aufmerksamkeit. Hier haben leider die Medien – allen voran die sogenannten „alternativen“, deren vornehmliche Aufgabe so etwas ist – versagt, nicht minder aber auch die AfD, dass dieser verfassungswidrige linke Generalangriff gegen das Demokratieprinzip nicht schon wesentlich früher laufstark thematisiert und vor allem skandalisiert wurde.
Ich befürchte, diese Masche könnte bald schon epidemische Ausmaße annehmen, und dann das Ende der Demokratie einläuten, so dass man durchaus von einer veritablen Staatskrise sprechen könnte. Und das alles wegen eines offensichtlichen Konstruktionsfehlers des Gesetzgebers beim Wahlrecht, denn dass dieses missbraucht wird, um die Opposition a priori von Wahlen auszuschließen, war sicher nicht im Sinne des Erfinders. Aber was ich hier sage, ist natürlich bereits staatsfeindliche Hetze, denn wie wir dank der unendlichen Weisheit unseres ehemaligen Vetternwirtschaftsministers Robert Habeck wissen, macht der Staat keine Fehler. Naja, zumindest nicht, wenn die Grünen ihn sich zur Beute gemacht haben…
Ooops… Jetzt bin ich doch glatt in meine eigene Falle getappt und schwafele vom bevorstehenden Ende der Demokratie, obwohl ich deren Tod doch bereits eingangs als längst eingetreten diagnostiziert und offiziell verkündet hatte. Sorry!
Die Demokratie ist tot!
Es lebe die Unsokratie! Es lebe die Unsokratie! Es lebe die Unsokratie!
Quellen:
Verwaltungsvorschrift zu § 53 der Gemeindeordnung (Gemeinde- und Städtebund Rheinland-Pfalz)
Beschluss des Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße zum Eilantrag von Joachim Paul (Justiz Rheinland-Pfalz)
Wenn der Konkurrent über den Kandidaten entscheidet („Tichys Einblick“, Youtube)
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