Brandmauer: Die verzweifelten AfD-Bekämpfer
Was ist die wahre politische Mitte
von Klaus Peter Krause drucken
Das besondere Motiv der AfD-Wähler: die anderen Parteien bestrafen – Daher bei Wählern Vertrauen gewinnen durch Emotionen, denn Fakten, Warnen, Argumente helfen nicht – Mit dem Naturell zum Angsthaben – Menschen wählen Politiker, die ihnen ähnlich sind – Politiker als Kunstfiguren, die verlernt haben, ihren Wählern ähnlich zu sein – Die wahre politische Mitte
Die AfD-Bekämpfer sind verzweifelt. Keines ihrer Mittel hat bisher geholfen, den Aufstieg dieser Partei zu verhindern, schon gar nicht, um sie von der Bildfläche wieder verschwinden zu lassen. Auch will es partout nichts nützen, sie als rechtsextrem hinzustellen, was sie nicht ist, und sich das (wie in Hessen) gerichtlich sogar bestätigen zu lassen. Ebenso wenig hilft, sie als „Putin-Versteher“ zu schmähen. Erreicht wird mit solchen Diffamierungen das Gegenteil. Entsetzt, angstgeplagt und wie hilflos stehen die Bekämpfer da. Zu mächtig verdrießt es sie, dass die AfD im Bundestag zur stärksten Fraktion und Oppositionspartei aufgestiegen ist, dass sie die CDU in den Umfragen der Meinungsforscher, wenn bisher auch nur knapp, überrundet und an der Spitze aller Parteien steht. Kein Kraut scheint gegen sie gewachsen zu sein. Aus dieser Hilflosigkeit, so Jürgen Kaube im FAZ-Feuilleton vom 4. November, nähre sich der Impuls, sie zu verbieten. Dabei erscheine ein Verbot zu fordern, wahlweise geboten, sehr riskant oder völlig absurd. In der Tat, absurd ist so eine Idee sehr wohl, riskant obendrein. Umso mehr lässt es die Bekämpfer nicht ruhen und reizt es sie, scharfsinnig über einen Ausweg nachzusinnen.
Das besondere Motiv der AfD-Wähler: die anderen Parteien bestrafen
Einen solchen Versuch hat die sonntägliche FAZ unternommen. Was gegen die AfD helfe, so Autor Justus Bender, entscheide eine einzige Gruppe ganz allein: die der AfD-Wähler. Das sei zwar bei jeder Partei so, weil es nun einmal Wählerstimmen seien, an denen sich Erfolg bemesse. Aber bei der AfD komme etwas Besonderes hinzu: „Die AfD-Wähler, auf deren Einsicht alle warten, blicken auf politische Fragestellungen nicht wie ein Apothekeninhaber, der FDP wählt, weil er weniger Steuern zahlen will. Die AfD-Wähler reflektieren, was alles versucht wird, um sie umzustimmen, und von wem. Und sie entscheiden sich wieder und wieder, die Hoffnung anderer Parteien zu enttäuschen, jemals wieder in den Genuss ihrer Zustimmung zu kommen. Sie gönnen denen, die sie umstimmen wollen, ihren Triumph nicht. Sie wollen bestrafen.“
Vertrauen gewinnen durch Emotionen, denn Fakten, Warnen, Argumente helfen nicht
Aus dieser Erkenntnis, meint Bender, lasse sich etwas machen. Man könne nicht bei Wählern um Vertrauen werben, die dieses Vertrauen nicht nur verloren hätten, sondern es sich vorgenommen hätten, das empfundene Unrecht mit einem Vertrauensentzug zu bestrafen. „Man kann nicht Ängste nehmen, wenn die Wähler den Versuch des Angstnehmens als eine Sabotage ihrer Bestrafungsabsicht sehen.“ AfD-Wähler könne man nicht mit Faktenchecks, Warnhinweisen und Argumenten überzeugen, man müsse ihr Vertrauen durch Emotionen gewinnen.
Mit dem Naturell zum Angsthaben
Die Demoskopen vom Allensbach-Institut haben, so Bender, herausgefunden, dass AfD-Wähler tendenziell viel pessimistischer seien als Wähler anderer Parteien. AfD-Wähler neigten demnach zu Angst, und das sei keine aufgesetzte Angst, sie werde tief empfunden. Sie glaubten tatsächlich, das Abendland stehe vor dem Ende, weil es überrannt werde von migrantischen Horden. Sie glaubten wirklich, Deutschland werde von naiven Gutmenschen an den globalen Süden verkauft. Sie glaubten, die Grünen wollten eine Diktatur errichten. Sie glaubten an Verfall, Untergang, Apokalypse. Warum? Weil es eben Menschen gebe, die ein solches Naturell besäßen.
Menschen wählen Politiker, die ihnen ähnlich sind
Wählerbefragungen, so Bender, bestätigten, dass Menschen solche Politiker zu pflegen wählten, die ihnen ähnlich seien. Wer Angst habe, wähle nicht denjenigen, der etwas von Zuversicht erzähle, sondern den, der sage: „Ja, Deutschland steht am Abgrund.“ Wer Ordnung brauche, wähle nicht denjenigen, der sage, dass eine ungeregelte Migration irgendwie schaffbar sei, sondern denjenigen, der rigide Maßnahmen fordere, die eine harsche Ordnung erzwängen. Wer solchen Menschen sage, die AfD sei eine „gesichert rechtsextremistische Bestrebung“, greife nicht die Partei an, sondern sie persönlich. Er sage eigentlich, dass alles, was AfD-Mitglieder fühlten, falsch sei und illegitim und böse. So sei ein großes Aneinander-Vorbeireden entstanden.
Politiker als Kunstfiguren, die verlernt haben, ihren Wählern ähnlich zu sein
Um AfD-Wähler zurückzugewinnen, müsse also über die vorrationalen Ursachen der AfD-Anhänger nachgedacht werden: die Rachegelüste, den Ordnungssinn, die Empfänglichkeit für Ängste, die Personalisierung der neuen Medienwelt, die Authentizität von AfD-Politikern. Die anderen Parteien – Bender nennt sie arrogant die „demokratischen“, als gehöre die AfD nicht zu den demokratischen – müssten furchtlose, authentische Persönlichkeiten anbieten, denen man glaube, eine Ordnung einzuhalten. Solche Persönlichkeiten würden in allen Parteien gebraucht, um Menschen zu erreichen. Die AfD sei nicht erfolgreicher im Internet als andere Parteien, weil sie eine geniale Medienstrategie verfolge, sondern weil sie authentisch über ihre Gefühle spreche. Für normale Menschen sei das banal, für Politiker nicht. Sie seien Kunstfiguren. Sie hätten verlernt, ihren Wählern ähnlich zu sein. AfD und Linkspartei erlebten enormen Zuspruch, weil sie die Regeln dieser neuen Medienwelt beherzigten. Erst wenn die übrigen Parteien ihr Personal angepasst hätten, werde auch die politische Mitte in Deutschland wieder zukunftsfähig sein.
Die wahre politische Mitte
Wirklich? Die politische Mitte? Die übrigen Parteien verkörpern die politische Mitte? Entweder waren sie dort nie (wie Die Linke und Die Grünen), oder sie sind (wie CDU/CSU und FDP) von dort nach links abgewandert oder zutreffender: abgeirrt. Bender verschiebt die Maßstäbe. Repräsentiert wird die tatsächliche politische Mitte durch die AfD. Und jene, die sie wählen und in den Umfragen unterstützen, wollen ebendiese politische Mitte bewahren beziehungsweise zurückhaben. Der Versuch Benders, den AfD-Anhängern und das Scheitern ihrer Bekehrung durch erbitterte AfD-Gegner wie FAZ und FAS mit Journalisten wie Bender und anderen in der Redaktion das Bestrafungs- und Rache-Motiv unterzuschieben, ist eine linksintellektuell raffinierte Diffamierung und geradezu bösartig. Das wahre Motiv der AfD-Anhänger, nämlich von der seit 2015 irrationalen, geradezu irren Politik zurückzukehren zu Rationalität und Vernunft, soll unglaubwürdig erscheinen. Das ist die Botschaft, die Bender vermitteln will.
Apropos: Ein Mittel, den AfD-Aufstieg zu beenden, gäbe es allerdings. Die CDU müsste das Programm der AfD im Wesentlichen übernehmen und politisch umsetzen. Das würde der CDU verlorene Anhänger wieder zuführen und der AfD abtrünnig machen.
Quellen:
Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (FAS) vom 9. November 2025, Seite 4. Der ganze Beitrag (mit Bezahlschranke) hier. Er ist der Ausschnitt aus der aktualisierten Neuausgabe des Bender-Buches Was will die AfD?, erschienen im Pantheon-Verlag.
Mit Empathie: Fühlt, was AfD-Wähler fühlen!
Dieser Artikel erschien zuerst auf dem Blog des Autors.
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