Immobilienmarkt: Kommt sozialer Wohnungsbau den Armen zugute?
Über einen verbreiteten Mythos

Es ist in der Tat wünschens- und erstrebenswert, dass jeder ein Zuhause zum Leben und ein Dach über dem Kopf hat. Je mehr Komfort dieses Zuhause bietet, desto besser ist es natürlich. Dank der Industrialisierung und des Durchbruchs der Marktwirtschaft haben sich die Lebensverhältnisse der Menschen derart massiv verbessert, dass ungewollte Obdachlosigkeit in Industrieländern heute glücklicherweise eine absolute Ausnahmeerscheinung geworden ist. Bei den Leuten in den langen Warteschlangen vor beliebten Wohnungen in den Städten, die jeweils als Symbol der „Wohnungsnot“ herhalten müssen, handelt es sich nicht um Obdachlose, die auch mit großer Anstrengung keine Bleibe finden können. Vielmehr sind das meistens Leute mit hohen Ansprüchen, die eine Wohnung in guter Lage in der Stadt anstreben und diese einem weniger zentralen Ort in der Agglomeration oder auf dem Land vorziehen.
In den seltenen Situationen, in denen sich weniger vermögende Personen tatsächlich kein Dach über dem Kopf leisten können, gibt es bessere Lösungen als die partielle Verstaatlichung des Wohnungsmarktes. In solchen Fällen kann die zivilgesellschaftliche Solidarität zum Tragen kommen – etwa jene durch Familienmitglieder und Freunde. Aber auch Hilfswerke und Stiftungen, die sich dem Zweck verschrieben haben, hilfsbedürftigen Personen ein Dach über dem Kopf zu bieten, könnten hier einen Beitrag leisten. Die Zivilgesellschaft in freiheitlichen Systemen ist bestens gegen Wohnungsprobleme gewappnet.
Wer jedoch in die USA reist, bekommt in Städten – vor allem in touristischen Zentren – oftmals die verstörenden Bilder von Obdachlosen zu Gesicht. Dies seien die „hässlichen Seiten des Kapitalismus“, wird dann jeweils voreilig resümiert. Doch dabei handelt es sich um ein Missverständnis. Obdachlosigkeit und das Zelten auf Straßen diverser US-Städte sind heute zu einer Art „Lifestyle“ geworden, wie der Journalist John Stossel eindrücklich dokumentiert hat. Viele Obdachlose haben gar kein Interesse daran, von den Straßen wegzukommen, und lehnen jegliche Jobangebote aggressiv ab. Das hat teilweise auch mit den Sonderprivilegien zu tun, welche die Städte solchen Leuten offerieren. San Francisco, wo Obdachlosigkeit statistisch gesehen seit Jahren zunimmt, schenkt den Leuten, die auf der Straße leben, beispielsweise Lebensmittelmarken, kostenlose Unterschlüpfe, Zugtickets und 70 Dollar pro Monat bar auf die Hand.
Abgesehen von dieser kleinen Minderheit, die bewusst den Lebensstil des Nichtstuns und Bettelns wählt, ist echte Armut größtenteils aufgrund des enormen Anstiegs der Lebensstandards in den letzten 200 Jahren verschwunden. Doch diese Errungenschaften werden heute zunehmend durch staatliche Eingriffe in den Wohnungsmarkt wie etwa die „Mietpreisbremse“ und den „sozialen Wohnungsbau“ infrage gestellt. Denn diese Maßnahmen haben insbesondere für die gesellschaftlich Schwächeren ungewollte und schädliche Nebeneffekte.
So verdrängt der „soziale Wohnungsbau“ – der in Wahrheit nicht „sozial“ ist, sondern staatlich-aufgezwungen wird – den privaten Wohnungsbau, indem er die Wohnungspreise aufgrund des ausgeweiteten Angebots künstlich herunterdrückt. Der Wohnungsbau für Private wird dadurch unprofitabler. Private bauen und vermieten aus vernünftigen Gründen nur dann Wohnungen, wenn dies nicht im Vorhinein als Verlustgeschäft eingestuft werden muss. Wenn der Staat die Mietpreise unter das Niveau drückt, das sich auf dem freien Wohnungsmarkt hergestellt hätte, wird daher weniger gebaut als ohne staatlichen Wohnungsbau. In der Folge entsteht ein Unterangebot, das erst recht Wohnungsnot zur Folge hat. Der sich aufspielende Feuerlöscher stellt sich als der eigentliche Brandstifter heraus.
Je mehr der Staat versucht, diese von ihm selbst verursachten Angebotslücken durch noch mehr staatlich finanzierten Wohnungsbau zu schließen, desto gravierender wird das Problem aufgrund der immer weiter sinkenden privaten Investitionen einerseits und der zunehmenden Verstaatlichung des Wohnungsmarktes andererseits. Letzteres verursacht die typischen Probleme, die in allen staatssozialistischen Systemen auftreten. Verschwinden Marktpreise, kommt es in der Folge zu dem vom Nobelpreisträger Friedrich August von Hayek beschriebenen Wissensproblem bei der staatlichen Instanz, die für den Wohnungsbau verantwortlich ist: Frei gebildete Preise signalisieren auf dem Wohnungsmarkt Knappheit und haben eine wichtige Koordinationsfunktion inne, die einen sorgsamen Umgang mit natürlichen Ressourcen wie etwa Baumaterialien und Boden zur Folge haben. Wird diese natürliche Preisbildung durch politische Interventionen ausgehebelt, stellen sich der politischen Planbehörde unmöglich zu beantwortende Fragen wie: Wie viele neuen Wohnungen sollen entstehen? Wo sollen sie gebaut werden? Welchen Ansprüchen sollten sie genügen? Was erwarten die potenziellen Mieter oder Käufer von den Liegenschaften? Und so weiter.
Durch die Abschaffung von Marktpreisen wird das Angebot zunehmend von der Nachfrage entkoppelt, sodass letztlich eine planwirtschaftlich-bürokratische Funktionärsschar entscheidet, wie, wo und was gebaut wird. Wer sich ein Bild davon machen möchte, was bei einer solchen Planwirtschaft herauskommt, kann sich einmal die schäbigen Plattenbauten im ehemaligen Ostblock und die staatlich errichteten Großwohnsiedlungen mancher europäischen Vorstädte anschauen gehen. Aus diesen Experimenten wissen wir, dass dies nicht den Grundätzen eines hochwertigen und nachhaltigen Wohnens entspricht.
Es ist nicht nur so, dass der staatliche Wohnungsbau ökonomische Verzerrungen verursacht und die Wohnungsnot gerade für die Ärmsten verschärft; sondern es kommen auch neue Probleme hinzu: etwa jenes des Machtmissbrauchs der zuständigen Behörden und Politiker.
Die Vergangenheit hat gezeigt, dass immer wieder die falschen Personen in den Genuss von Sozialwohnungen kommen. In der Schweiz gibt es prominente Beispiele, etwa jenes einer gutbetuchten ehemaligen Nationalrätin, die es sich auf Kosten der Steuerzahler im noblen Schipfe-Quartier im Herzen der Stadt Zürich bequem gemacht hat. In einer staatlich vergünstigten Wohnung im selben Quartier wohnt auch die Schwester eines ehemaligen Bundesrats, die pro Jahr 287.000 Franken verdient. Schlagzeilen machte zudem die ehemalige Wohnung einer Alt-Bundesrätin im historischen Béatric-von-Wattenwyl-Haus in Bern, die Politikern für lediglich 2.450 Franken vermietet wird, was gemäß Immobilienexperten rund 50 Prozent unter dem Marktwert liegt. Sozialer Wohnungsbau kommt in den seltensten Fällen den Hilfsbedürftigen zugute, sondern oft jenen, die die besten Kontakte zur Politik und zur Verwaltung geknüpft haben.
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