15. September 2025 21:00

Neue Museumspreise Hallo, Lübeck:

Schon mal was von Marktwirtschaft gehört?

von Klaus Peter Krause drucken

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Bildquelle: saiko3p / Shutterstock Lübecker Hansemuseum: Besuch wird ab 2026 teurer

Nun, gehört vermutlich schon. Aber nach den in ihr üblichen Regeln auch gehandelt? Daran scheint es in Lübeck zu hapern. Gerade nämlich haben die Bürgerschaftsmitglieder des Ausschusses für Kultur und Denkmalpflege beschlossen, die Eintrittspreise für die Lübecker Museen heraufzusetzen, jedenfalls für die, für die Lübeck das darf, also für die in öffentlich-rechtlicher Hand. Darf die Hansestadt das? Die darf das. Immerhin kann eine solche Preiserhöhung am Markt gut gehen. Oder eben auch nicht.

Die Begründungen für den höheren Eintrittspreis

Warum will Lübeck das Eintrittsgeld für seine Museen erhöhen? Die Museen, sagt der städtische Museumsleiter, haben im abgelaufenen Geschäftsjahr gegenüber dem Vorjahr 47.946 Euro weniger eingenommen („Lübecker Nachrichten“ vom 12. September, Seite 9). Das kann, möglicherweise, daran liegen, dass die Museen von weniger Menschen besucht worden sind. Diesen Grund allerdings erwähnt der Museumsleiter mit keinem Wort, auch von sich aus die Zeitung nicht. Aber zwei Häuser des Museumsverbundes seien wegen Sanierung und Modernisierung komplett geschlossen gewesen, sagt er. Klar, folglich Besucherausfall, folglich weniger Einnahmen. Zugenommen dagegen haben die Besuche von Kindern, Jugendlichen und Schulklassen. Warum von denen? Für sie, so erfährt der Zeitungsleser, ist der Eintritt unentgeltlich geworden. Deren Geld also fehlt jetzt in der Museumskasse ebenfalls. Aber deren Fehlbetrag will Lübeck in Kauf nehmen, deren Museumsbesuch soll unentgeltlich bleiben. Daran werde nicht gerüttelt.

Die Überlegungen eines marktwirtschaftlich denkenden Museumsbetreibers

Was also tun staatliche Bürokraten (und Politiker), wenn ihnen Geld fehlt? Stimmt, sie erhöhen die Gebühren (beziehungsweise die Steuern). So also nun auch Lübeck. Alle anderen Besucher sollen mehr Eintrittsgeld bezahlen. Aber marktwirtschaftlich gehandelt, so scheint’s, ist das nicht gerade. Denn ein marktwirtschaftlich denkender Museumsbetreiber hätte sich überlegt: Verlange ich mehr Eintrittsgeld, schreckt das die Leute ab und ich habe vermutlich weniger Besucher und trotz Preiserhöhung die erhofften Mehreinnahmen nicht. Der Umsatz geht vielleicht sogar noch weiter zurück. Würde ich dagegen das Eintrittsgeld senken, habe ich die Chance, so viel mehr an Besuchern zu bekommen, dass sie meinen Einnahmeausfall zumindest ausgleichen und vielleicht auch darüber hinaus etwas übrigbleibt. In beiden Fällen geht er ein Risiko ein. Ist er ein privater Unternehmer, trägt er es selbst.

In einer freien Marktwirtschaft ist die Preissetzung frei

Ob Lübecks Kulturausschuss solche Überlegung angestellt hat, wissen wir nicht. Wenn ja, geht zwar auch er ein Risiko ein, aber er trägt es nicht selbst, sondern der Steuerzahler. Klar, niemand ist gezwungen, sich nach der reinen marktwirtschaftlichen Lehre zu richten. In einer freien Marktwirtschaft – es gibt auch unfreie – können Anbieter von Waren und Dienstleistungen ihre Preise so setzen, wie sie es für richtig halten. Selbst dann, wenn sie sich damit schaden und die Maßnahme zum Schuss ins eigene Knie wird. Aber das werden sie früher oder später merken, nämlich daran, wie ihre Kundschaft darauf reagiert.

Eine ökonomische Regel, genannt Preiselastizität

Und zwar reagiert sie nach einer ökonomischen Regel, einer natürlichen Gesetzmäßigkeit. Ökonomen nennen sie „Preiselastizität“. Das Maß, die Formel für die Preiselastizität (P) zeigt an, wie sich die Nachfrage nach einem Produkt ändert, wenn sich dessen Preis ändert. Wenn Preisänderungen eine große Mengenänderung bewirken, spricht man von elastischer Nachfrage, bei geringen Mengenänderungen von unelastischer. Dividiert man die gemessene prozentuale Mengenänderung durch die geschehene prozentuale Preisänderung, ergibt sich ein Wert von über oder unter eins. Bei über eins ist die Nachfrage elastisch, das heißt: Eine Preisänderung führt zu einer überproportional großen Änderung der Nachfrage. Bei Preiserhöhungen sinkt die Nachfrage stark, bei Preissenkungen steigt sie stark. Bei einer Preiselastizität von unter eins ist die Nachfrage unelastisch. Die Preisänderung führt zu einer unterproportional geringen Änderung der Nachfrage. Ist die Preiselastizität gleich, verändert sich die Nachfragemenge durch die Preisänderung nicht. Die Nachfragemenge, bewertet mit deren Preis nennt man bekanntlich Umsatz.

Anbieter mit preisunelastischer Nachfrage haben es leichter als solche mit preiselastischen Kunden

Wie preiselastisch Nachfrager auf eine Preisänderung reagieren, hängt von der Art des Produkts ab. Ist es lebensnotwendig? Bestehen Alternativen, gibt es Ersatzprodukte? Ist es knapp oder gar selten? Ist es im Überfluss vorhanden? Sehr preiselastisch verhalten sich Nachfrager dann, wenn sie bei einer Preiserhöhung auf gleiche oder vergleichbare andere Produkte ausweichen können. Fehlt eine Alternative, ist ein Produkt lebensnotwendig und eher knapp, reagieren sie preisunelastisch; dann hat eine Preisänderung auf die nachgefragte Menge kaum Einfluss. Zugleich bedeutet das: Anbieter mit preisunelastischer Nachfrage haben es leichter als Anbieter mit preiselastischen Kunden.

Wie Unternehmen mit der Preiselastizität umgehen (können)

Allen zur Seite steht, wenn der Wettbewerb frei und nicht (durch den Staat oder private Unbotmäßigkeit) beschränkt ist. Bei Produkten mit geringer oder gar keiner Preiselastizität bemühen sich Unternehmer, die Ursachen zu beseitigen (Angebotsausweitung, Erfinden von Alternativen), bei solchen mit normaler oder starker Preiselastizität bemühen sie sich um Produktvariation (Qualitätsverbesserungen), aber auch um neue Verpackungen und ein Überschütten mit Werbung, um ihr Produkt für die Käufer unverwechselbar erscheinen zu lassen.

Wie preiselastisch werden sich Lübecks Museumsbesucher verhalten?

Mal sehen, wie das künftig mit Lübecks Museen laufen wird. Wie preiselastisch werden sich die Museumsliebhaber verhalten? Ich selbst vermute, eher unelastisch, denn es geht um nur einen Euro mehr: von bisher acht auf neun und für Sonderausstellungen von elf auf zwölf Euro. Das stecken die Besucher weg. Das sieht wohl auch Lübecks Kulturausschuss so. Und später das Stadtparlament, das in Lübeck Bürgerschaft heißt und darüber endgültig beschließen muss, wird es nicht anders sehen. Wie gesagt: Erhöhen sind die gewohnt, senken gar nicht. Es fehlen das persönliche Risiko und die direkte Haftung.

Dieser Artikel erschien zuerst auf dem Blog des Autors.


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