27. Oktober 2025 21:00

Irrenhaus Deutschland Die groteske Stadtbild-Debatte

Merz umschreibt, was im Alltag zur Normalität geworden ist

von Klaus Peter Krause drucken

Artikelbild
Bildquelle: photocosmos1 / Shutterstock „Stadtbild“-Äußerungen von Kanzler Merz: Entfaltete sich wie ein Lauffeuer

Delirant isti Germani. Die spinnen, die Deutschen. Natürlich nicht alle Deutschen, aber eine starke Minderheit, die politisch den Ton angeben und indoktrinieren will, einschließlich diverser Medien. „Die spinnen, die Römer“ (Delirant isti Romani), das sagt Obelix bekanntermaßen gern in den beliebten Asterix-Comics. Aber wir sind hier nicht in Gallien zur Zeit des antiken Roms, sondern im Germania der Gegenwart zur Zeit eines Bundeskanzlers, der Friedrich Merz heißt. Dieser hat sich erdreistet, im Zusammenhang mit der Migration festzustellen: „Aber wir haben natürlich immer im Stadtbild noch dieses Problem.“ Diese an sich schlichte, wenn auch politisch-korrekt verschleiernde Bemerkung treibt jene Minderheit geradezu um, als gehe es um Landesverrat. Und so wurde denn eine Debatte losgetreten, die schnell Fahrt aufnahm und schier kein Ende nehmen wollte. Die Ver-rückten sind weiter unter uns und geben nicht auf. Einige Hundert von ihnen fanden sich noch am 25. Oktober in Hamburg und Lübeck zur Demo ein. Unversehens hatte sich Merz’ „Stadtbild“ zum inkriminierten Wort gewandelt, als sei es eine Ungeheuerlichkeit. Und die groteske Stadtbild-Debatte nahm „im besten Deutschland aller Zeiten“ (Steinmeier) ihren typischen Lauf.

Die Ungeheuerlichkeit spielte sich ab, als Kanzler Merz zum „Antrittsbesuch“ bei der Landesregierung von Ministerpräsident Dietmar Woidke (CDU) in Brandenburg weilte und mit diesem zusammen eine Pressekonferenz absolvierte. Dort hatte ihn ein teilnehmender Journalist gefragt, was Merz denn gegen die AfD tun wolle, die nach Umfragen in Brandenburg und anderswo schon bei über 30Prozent Zustimmung liege. Merz antwortete mit einer Erläuterung, in der er auch die Migrationspolitik als eines der Vorhaben aufführte, die den Zulauf zur AfD aufhalten sollen. In diesem Zusammenhang fielen dann die Worte: „Bei der Migration sind wir sehr weit. Wir haben in dieser Bundesregierung die Zahlen August 2024, August 2025 im Vergleich um 60 Prozent nach unten gebracht, aber wir haben natürlich immer im Stadtbild noch dieses Problem, und deswegen ist der Bundesinnenminister ja auch dabei, jetzt in sehr großem Umfang Rückführungen zu ermöglichen und durchzuführen. Das muss beibehalten werden, das ist in der Koalition verabredet“ (zu hören im unten verlinkten Video von etwa Minute 13 bis 14). Das ist am 14. Oktober gewesen.

Das Wort vom Stadtbild umschreibt, was im Alltag zur Normalität geworden ist

Die Formulierung „Bei der Migration“ meint, wie es auf der Hand liegt, vor allem den Andrang von illegalen Immigranten aus islamischen und schwarzafrikanischen Ländern, wovor die in Deutschland lebenden Menschen hochberechtigte Angst haben. Und „dieses Problem“ im „Stadtbild“ drückt unmissverständlich aus, was im deutschen Alltag (und nicht nur hierzulande) zur unübersehbaren Normalität geworden ist: bedrohlich wirkende arbeitslose und herumlungernde junge Männer, in schwarzes Gewand und Kopftuch gehüllte ältere Frauen, stets drohende Messerstechereien, sexuelle Übergriffe gegen Mädchen und junge Frauen, immer wieder auch Vergewaltigungen, Clan-Kriminalität, Morde, andere Gewalttaten, als Gefahr statt als Schutz wahrgenommene Polizei in schwarzer Kampfmontur, durchlöcherter Rechtsschutz.

Diese Flüchtlinge, „die wertvoller als Gold sind“

Diese Einwanderer, ob Flüchtlinge oder nicht, ob echte Asylsuchende oder nicht, haben zu oft Messer dabei und bringen Rechtsauffassungen mit, die gegen deutsches Gesetz und Recht verstoßen. Sie hatte der ehemalige SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz wohl kaum gemeint, als er 2016 behauptete: „Was die Flüchtlinge uns bringen, ist wertvoller als Gold. Es ist der unbeirrte Glaube an den Traum von Europa.“

Nur die AfD redet offen, ohne Umschweife, unverblümt

Merz weiß das alles, er hat es nur nicht deutlich ausgesprochen, sondern verharmlosend umschrieben – wohl, um beim Koalitionsgenossen SPD sowie bei Links-Grün kein Protestgeschrei auszulösen. Nur die AfD warnt vor der unkontrollierten Einwanderung und deren Folgen seit Jahren und redet diesbezüglich Tacheles, also offen, ohne Umschweife, unverblümt. Aber Politiker anderer Parteien wie SPD, Grüne und Linke wollen es nicht wahrhaben oder reden es wie die CDU/CSU klein.

Was Merz in Meschede klarzumachen versuchte

Geholfen hat die Umschreibung nicht. Ebenfalls nicht geholfen, sondern die Debatte eher noch befeuert, hat die Rede von Merz im sauerländischen Meschede am 18. Oktober, als die CDU ihre bundesweite Jubiläumsaktion „80 Jahre CDU“ auch mit bundesweiten „Bürgerdialogen“ beging. Wohl hat Merz vormittags auf Meschedes Kaiser-Otto-Platz beteuert, dass er kein Gegner der Einwanderer, sondern ein Befürworter ist, „wenn sie bereit sind, hier zu arbeiten und sich auch in unser Land und unsere Gesellschaft zu integrieren“. Diese Menschen müssten das Gefühl haben, dass sie in Deutschland willkommen seien – so, als wolle er klarmachen, wie sein Wort vom Stadtbild-Problem nicht zu verstehen sei. Er machte aber ebenfalls deutlich, dies schließe genauso ein, „dass wir diejenigen, die nicht bereit sind, sich zu integrieren, die nicht bereit sind, mit den Menschen hier zu leben, dass wir denen dann auch sagen, gut, dann ist für dich kein Platz in Deutschland, dann musst du dieses Land wieder verlassen“. Das sei nicht unmenschlich, das sei etwas, „was wir brauchen, damit der Zusammenhalt in unserer Gesellschaft erhalten bleibt“. Die ganze Merz-Rede in Meschede finden Sie unten verlinkt. 

Merz: „Ich habe gar nichts zurückzunehmen. Im Gegenteil ich unterstreiche es noch einmal“

Zum Missfallen im Lager von SPD, Grünen und Linken hat Merz seine Stadtbild- Bemerkung inzwischen verschiedentlich bekräftigt: „Ich habe gar nichts zurückzunehmen. Im Gegenteil ich unterstreiche es noch einmal: Wir müssen daran etwas ändern.“ Und bei einem Besuch in London äußerte er, wer ihn im öffentlichen Bild deutscher Städte störe: Migranten ohne Aufenthaltsrecht und Arbeit, die sich nicht an die in Deutschland geltenden Regeln halten. „Viele von diesen bestimmen auch das öffentliche Bild in unseren Städten. Deshalb haben mittlerweile so viele Menschen in Deutschland und in anderen Ländern der Europäischen Union – das gilt nicht nur für Deutschland – einfach Angst, sich im öffentlichen Raum zu bewegen.“ Das betreffe Bahnhöfe, das betreffe U-Bahnen, das betreffe bestimmte Parkanlagen. „Das bestimmt ganze Stadtteile, die auch unserer Polizei große Probleme machen.“ Die Ursachen dieser Probleme müssten gelöst werden.

Schützenhilfe für Merz nur aus der CDU, aber auch Kritik

Dann bitte frisch ans Werk – falls sich denn Merz gegen Klingbeil und Genossen durchzusetzen vermag. Schützenhilfe bekam er jedenfalls nur aus der CDU, darunter von Daniel Günther in Kiel, vom Unionsfraktionsvorsitzenden Jens Spahn, von Christian Hartmann in Dresden, Andreas Bühl in Erfurt, Alexander Dobrindt in Merz’ Kabinett. Dennis Radke, Leiter des CDU-Sozialflügels, vermochte nur „an vielen Stellen ein verstörendes Stadtbild“ zu erkennen und kritisierte zu Recht: „Aber zu suggerieren, dies würde sich durch Abschiebungen ändern, ist zu kurz gesprungen, erweckt unerfüllbare Erwartungen und wird der Komplexität des Problems nicht gerecht.“ CDU-Mitglied Armin Laschet, Vorsitzender des Auswärtigen Bundestagsausschusses, geißelte die Merz-Äußerung als „zu nebulös“.

Vorwürfe aus der SPD

SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf nannte die Merz-Aussagen „schwer erträglich“, und der Vorsitzende der SPD-Arbeitsgruppe „Migration und Vielfalt“, Azis Bozkurt, verstieg sich zu der Behauptung, Merz fördere mit seinen Äußerungen Rassismus. Vizekanzler Lars Klingbeil ließ auf einem Gewerkschaftskongress in Hannover wissen: „Wir müssen als Politik auch höllisch aufpassen, welche Diskussion wir anstoßen, wenn wir auf einmal wieder in wir und die unterteilen, in Menschen mit Migrationsgeschichte und ohne. Ich möchte in einem Land leben, bei dem nicht das Aussehen darüber entscheidet, ob man ins Stadtbild passt oder nicht.“ Der SPD-Bundestagsabgeordnete Ralf Stegner tönte: „Mit seinen Stadtbild-Äußerungen vergreift sich der Bundeskanzler im Ton. Er bedient eine Ausländer-raus-Stimmung, bietet keine Lösungen an und stiftet damit sozialen Unfrieden.“ Die Linke warf Merz vor, „mit Sündenbock-Politik den Rassismus zu befeuern“. Deren Fraktionsvorsitzender Sören Pellmann sagte, Merz spalte mit seinen Aussagen mit voller Absicht die Gesellschaft und glaube fälschlicherweise, damit AfD-Wähler gewinnen zu können. Auf diese Weise erledige er die Arbeit der AfD und mache sie nur noch stärker. Andere Vorwürfe mit dem üblichen Politvokabular lauteten: verletzend, diskriminierend, unanständig, eines Kanzlers unwürdig, brandgefährlich.

Wie ein zu heißer Brei

So werden schlichte und selbst vorsichtig formulierte Tatsachenfeststellungen niedergemacht. Dabei will Merz in der Migrationspolitik nur ein bisschen offensiver vorgehen, es aber im Großen und Ganzen bei der bisherigen belassen. Er tritt zwar immer sehr entschieden auf und redet auch so, aber er und die CDU sind angesichts der Umfragen zu Recht ganz schön nervös. Die Stadtbild-Debatte zeigt, dass Merz und alle jenseits der AfD den migrationsbedingten Zustand in den Städten verbal zu verschleiern versuchen, und sie schleichen um ihn herum wie um einen zu heißen Brei. Und die Debatte dreht sich allein um die Debatte, nicht darum, was in der Migrationspolitik falsch, richtig und zu ändern ist.

Die Aussage zum Stadtbild im Wortlaut („Stuttgarter Zeitung“)

Rede von Friedrich Merz in Meschede (Youtube)

Dieser Artikel erschien zuerst auf dem Blog des Autors.


Sie schätzen diesen Artikel? Die Freiheitsfunken sollen auch in Zukunft frei zugänglich erscheinen und immer heller und breiter sprühen. Die Sichtbarkeit ohne Bezahlschranken ist uns wichtig. Deshalb sind wir auf Ihre Hilfe angewiesen. Freiheit gibt es nicht geschenkt. Bitte unterstützen Sie unsere Arbeit.

PayPal Überweisung Bitcoin und Monero


Kennen Sie schon unseren Newsletter? Hier geht es zur Anmeldung.

Artikel bewerten

Artikel teilen

Kommentare

Die Kommentarfunktion (lesen und schreiben) steht exklusiv nur registrierten Benutzern zur Verfügung.

Wenn Sie bereits ein Benutzerkonto haben, melden Sie sich bitte an. Wenn Sie noch kein Benutzerkonto haben, können Sie sich mit dem Registrierungsformular ein kostenloses Konto erstellen.