12. März 2024 12:00

Top Spin: Der weiße Kittel als weiße Weste Die politische Kaperung von Grey’s Anatomy

Wie ein Klinikdrama sich in eine Propaganda-Parade verwandelt hat

von David Andres

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Bildquelle: Erman Gunes / Shutterstock.com Der nächste Fall von alle Lebensbereiche durchdringender Politisierung: „Grey's Anatomy“

Meine Schwiegermutter kann es jedes Mal von Neuem nicht begreifen. Sie hält mich für einen typischen Mann und der „typische Mann“ schaut Kriegsfilme, Actionreißer, düstere Krimis und versaute Komödien. Keinesfalls kann er sich für Krankenhausserien begeistern, auch dann nicht, wenn sie aus dem Land der einstmals unbegrenzten Möglichkeiten stammen.

Tatsächlich haben es mir über die Jahre vor allem zwei medizinische Serien angetan und es würde mich in den Kommentaren interessieren, wer von Ihnen damit übereinstimmt. Die 177 Folgen von „Dr. House“, die in den USA ihre Heimat auf „Fox“ hatten, blieben bis zum Schluss ohne Fehl und Tadel. Im Kern war die Geschichte um den zynischen, genialen und schmerzmittelabhängigen Analysten nichts anderes als eine Adaption von Sherlock Holmes auf die medizinische Sphäre. Es ging um unverzichtbares Genie, unheilbare Wunden und unerschütterliche Männerfreundschaft. Das Drama endete im Mai 2012, wenige Wochen, bevor die Welt endgültig verrückt zu spielen begann. Die neueste Theorie des Kaninchenbaus sagt ja, dass wir durch das CERN-Experiment, bei dem das Higgs-Boson, also das „Gottesteilchen“ nachgewiesen wurde, in ein anderes Universum gewechselt sind. Hier und da tendiere ich dazu, dem zuzustimmen.

Wie dem auch sei, die zweite über lange Jahre hinweg makellose Krankenhaus-Serie war „Grey’s Anatomy“, seit 2005 in den USA ausgestrahlt auf „ABC“. In dem Ensemblestück geht es mehr um Liebe und Beziehungen, die B-Story ist stets ebensowichtig wie die medizinischen Fälle. Man konnte die Serie lange Zeit auch als Freigeist gut schauen und das aus zwei Gründen. Erstens: Die seelischen Irrungen und Wirrungen der Charaktere gingen shakespearianisch tief und feierten somit im Grunde die Bedeutung des Individuums und seines Lebenskampfes. Zweitens: Den Darstellern gelang es und gelingt es bis heute, absolute Top-Mediziner dermaßen glaubwürdig zu verkörpern, dass man sich bei einem Unfall unter das Messer von Kevin McKidd aka Dr. Owen Hunt legen würde. Zudem propagieren die Drehbücher, immerhin das ist unverändert geblieben, die Bedeutung von Eifer, Fleiß und Leistungsbereitschaft bis zur Selbstzerstörung. Sie lassen keinen Zweifel an der Bedeutung von Kompetenz und der sich daraus ergebenden Hierarchie.

Seit spätestens der 17. Staffel werden diese positiven Aspekte allerdings überdeckt von Drehbüchern, welche die Figuren in teils hanebüchen unglaubwürdiger Weise zu Sprechpuppen politischer Agenden machen. Ganz besonders die besagte 17. Staffel darf in die Geschichte eingehen als Sinnbild der Politisierung des heutigen Fernsehens. Zum einen stützte sie das Narrativ von „Covid-19“ als Pest der Gegenwart und der rettenden Impfung wie keine zweite Produktion. Zum anderen verwandelten sich einige der schwarzen Charaktere darin quasi über Nacht zu Aktivisten für „Black Lives Matter“, was so weit ging, dass sich am Ende sogar ein weißer Zyniker, sozusagen der „Dr. House“ der Serie, der stets für seine ironische Arroganz bekannt war, unter Tränen bei einem schwarzen Kollegen für den systemischen Rassismus entschuldigte, der auch in ihm lebe. Ein Zwangs-Firmen-Workshop in „Critical Race Theory“, als Serie verkleidet.

In der 18. Staffel leistet der eben erwähnte Dr. Hunt, der sich als Notfallchirurg im Krieg seine Meriten verdient hat und sich nun um Veteranen kümmert, illegale Sterbehilfe. Ein Thema, über das sich auch aus freiheitlicher Sicht gut diskutieren lässt. In der 19. Staffel, die derzeit in Deutschland auf „Sixx“ ausgestrahlt wird, dreht sich vieles um perfide Propaganda gegen die Lebensschutzbewegung. Eine beliebte Figur der Serie, die feministische Ikone Dr. Addison Adrianne Forbes Montgomery, kehrt nach Seattle zurück, um dort junge Mediziner in Sachen Abtreibung fortzubilden, da dies in deren Heimatstaaten verboten ist. Die Protestler vor der Tür sind dermaßen radikal und unerbittlich geschrieben, dass ihr Fanatismus sogar Tote fordert.

Dass dies nicht nur „unsereins“, sondern auch „ganz normale“ Zuschauerinnen ärgert, belegt der Kommentar einer Nutzerin, die bei „fernsehserien.de“ schreibt: „Was mich immer nervt, sind die politischen Einschübe, diesmal weniger Transkind, dafür mehr Abtreibungsklinik mit der Unterstellung, alle Mütter wären ohne Abtreibung immer vom Tode bedroht. Der Extremfall wird als Durchschnitt genommen. Ich bin nicht dagegen, aber fand das unzutreffend dargestellt.“

Wer sich abseits der Fiktion damit beschäftigt, welche Darsteller der Serie auch lange vor den woken Zeiten aus Gründen des ein oder anderen moralischen Fehlverhaltens aus der Produktion ausgestiegen wurden, wird sehen, dass es sich diese Leute mit dem Tugendwettbewerb noch nie leicht machten. Ihren Figuren allerdings konnte man lange Zeit dennoch gern folgen. 

Quellen:

Grey’s Anatomy (fernsehserien.de)

Grey’s Anatony (serienjunkies.de)


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