Geschichte und Technologie: Operation Silbervogel
Wie die Nazis versuchten, New York zu zerstören
von Oliver Gorus
von Oliver Gorus drucken
Weder das wahnsinnige Sowjetreich überdauerte bis heute noch die DDR. Auch die totalitäre EU, mit ihrer Meinungsherrschaft, ihren manipulierten Wahlen und ihrer irren Bevormundungsbürokratie, hat keine besonders guten Chancen auf eine lange Wirkungszeit, sie beginnt ja Gott sei Dank bereits zu bröckeln. Und das wahnsinnige Dritte Reich dauerte nur zwölf Jahre.
Politische Systeme, die das Individuum unterjochen und ein Kollektiv über alles stellen – mal eine Klasse, mal eine Rasse, mal eine Gesinnung, wohinter sich aber immer eine antisoziale Machtelite versteckt –, haben offensichtlich keine lange Lebensdauer, jedenfalls nicht in Europa. Alle etwa 75 sozialistischen Gesellschaftsexperimente in den letzten 100 Jahren scheiterten letztlich.
Wer weiß aber, ob wir heute nicht doch in einem europaweit germanisierten, totalitären Zwangsstaat unter dem Hakenkreuz unser Dasein fristen würden, wenn Eugen Sänger nicht nur ein visionärer Theoretiker, sondern ein ebenso genialer und erfolgreicher Ingenieur wie Elon Musk gewesen wäre.
Sänger war ein österreichischer Luft- und Raumfahrtingenieur, der unter der Herrschaft der Nationalsozialisten nach Deutschland geholt und eingebürgert wurde, weil das Reichsluftfahrtministerium alle verfügbaren Ingenieure zusammensuchte und einsetzte, um einen Langstreckenbomber zu entwickeln. Das Ziel: Amerika bombardieren. Sänger hatte seit 1932 damit begonnen, Raketenmotoren zu entwickeln, um Fernflüge über möglichst weite Strecken zu ermöglichen. Sein Fernziel war die Entwicklung von Raumschiffen, mit denen Menschen in den Orbit und zu Raumstationen gebracht werden könnten, er träumte auch von Reisen zu anderen Planeten und sogar zu anderen Sternen.
Die Nazis aber wollten vor allem Amerika bombardieren. Eines der Projekte, die mit immensem Aufwand an personellen und finanziellen Ressourcen vorangetrieben wurden, war Sängers Silbervogel. Diese bemannte Rakete mit kurzen Stummelflügeln sollte auf einem raketenbetriebenen Schlitten auf Schienen in Norddeutschland mehrere Kilometer lang beschleunigt werden, dann abheben, seine eigenen Triebwerke zünden und in 145 Kilometer Höhe im erdnahen Weltraum mit extrem hoher Geschwindigkeit von über 22.000 Stundenkilometern Richtung Westen fliegen.
Der Silbervogel sollte dabei wie ein über die Wasseroberfläche hüpfender Stein an der Stratosphäre, der obersten Luftschicht der Erdatmosphäre, entlangspringen und es so bis nach Nordamerika schaffen. Über New York sollte der Silbervogel dann eine vier Tonnen schwere Bombe abwerfen, dann über die USA hinweg weitergleiten, in die Atmosphäre herabsteigen und im Pazifik wassern, wo die Besatzung schließlich von einem U-Boot aufgesammelt werden sollte.
Die tollkühne Operation hätte nur knapp über eine Stunde gedauert, und der Silbervogel wäre dabei einmal um die halbe Welt geflogen, hätte Amerika ausgebombt und für Deutschland den Krieg gewonnen.
Verrückt und durchgeknallt? Ja, natürlich, genauso durchgeknallt wie eine Atombombe zu zünden, auf dem Mond zu landen oder eine Rakete am Start- und Landeturm rückwärts einzuparken. Eugen Sänger hätte noch ein wenig Zeit gebraucht. Sein Silbervogel wäre beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre wohl verglüht – allerdings erst nach dem Abwurf der Bombe. Das Projekt wäre insofern vielleicht erfolgreich gewesen und hätte Manhattan in Schutt und Asche gelegt, wenn nicht das Amerikabomberprogramm nach der Niederlage von Stalingrad eingestellt worden wäre, um alle Ressourcen auf die Vergeltungswaffen V1 und V2 und die Bombardierung Englands zu lenken.
Nach dem Krieg ging Eugen Sänger nach Frankreich und konstruierte für die französische Luftwaffe neuartige Düsenflugzeuge mit Staustrahltriebwerk. Nebenher dachte er darüber nach, wie man Satelliten ins All schießen könnte. An der ETH in Zürich und an der Universität Stuttgart trieb er die Theorie des Photonenantriebs voran: Das Prinzip dabei ist die Reaktion von Antimaterie mit Materie, die sich gegenseitig auslöschen, wodurch die gesamte Energie der Materie in Vortrieb umgesetzt werden sollte. Dadurch sollten so hohe Geschwindigkeiten möglich sein, dass die interstellaren Entfernungen durch Raumfahrer überbrückt werden könnten und andere Sternensysteme innerhalb von Jahrzehnten erreichbar wären.
Sänger war ein Visionär vom Schlag Elon Musks. Interessanterweise benutzt Letzterer bei seinen SpaceX-Raketen auch heute noch ein Grundprinzip, das Sänger in Kriegszeiten erdacht und entwickelt hatte: Der flüssige Treibstoff wird in Rohren um die Brennkammer herumgeleitet, wodurch der Raketenmotor gekühlt und der Treibstoff gleichzeitig angewärmt wird.
Wie ein Ingenieur seine Schaffenskraft je nach politischer Situation mal für friedliche, den technologischen Fortschritt vorantreibende Projekte und mal für kriegerische, Teile der Menschheit vernichtende Projekte einsetzen kann, werde ich nie verstehen. Dafür muss man eben ein völlig durchgeknallter Nerd sein – zu allen Zeiten in der Geschichte.
Kommentare
Die Kommentarfunktion (lesen und schreiben) steht exklusiv nur registrierten Benutzern zur Verfügung.
Wenn Sie bereits ein Benutzerkonto haben, melden Sie sich bitte an. Wenn Sie noch kein Benutzerkonto haben, können Sie sich mit dem Registrierungsformular ein kostenloses Konto erstellen.