2025 bis …: Wohin geht die Reise?
Die Einführung technokratischer Regierungsformen scheint sich zu beschleunigen
von Axel B.C. Krauss
Zumindest scheint es so, wenn man sich die jüngste „Executive Order“ (Durchführungsverordnung) auf der Website des Weißen Hauses anschaut. Patrick Wood, Betreiber der Website „Technocracy News“, der seit mehr als drei Jahrzehnten Geschichte, Philosophie und Methoden der Technokratie erforscht, sprach angesichts dieser Veröffentlichung eine Warnung aus, die man für überspannt halten mag, sich aber vor dem Hintergrund des zunehmenden Tempos der „Transformation“ als durchaus zutreffend herausstellen könnte. Zu der am 23. Januar auf der Websete whitehouse.gov online gestellten Verordnung mit dem Titel „Removing Barriers to American Leadership in Artificial Intelligence“ (Beseitigung von Hindernissen für amerikanische Führerschaft in Künstlicher Intelligenz) schrieb er: „Sam Altman kommt Elon Musk zuvor und stellt den ersten vollwertigen ChatGPT für die Landesregierungen und die Bundesregierung bereit. Trumps Executive Order vom 23. Januar zur KI hob die Regulierungen auf und übergab die Kontrolle an David Sachs, den Sonderberater für KI und Krypto. Bis zum Ende von Trumps Amtszeit werden alle Regierungsstellen mit KI gesättigt sein. Die Technokraten haben das Sagen; die wissenschaftliche Diktatur steht unmittelbar bevor.“
Womit Wood natürlich auf die von Aldous Huxley so bezeichnete Regierungsform anspielt. Bereits vor Huxley hatte der Schriftsteller Herbert George Wells (H.G. Wells) sich für die Technokratie stark gemacht, die regiert werden sollte von einer „wissenschaftlichen Elite aus, die nach und nach die Kontrolle über die Gesellschaft übernehmen sollte“.
Dies sollte „‚von Anfang an eine weltweite Bewegung sein und nicht nur eine englische oder westliche Bewegung. Es muss eine Bewegung aller intelligenten Menschen auf der Welt sein.‘ Hier legte Wells sein Konzept für eine Klasse gebildeter, rationaler Individuen dar, die diese globale Transformation anführen würden. Sogar sein fiktives Werk ‚Shape of Things to Come‘ liest sich wie eine Blaupause, insbesondere in der Beschreibung, wie eine Pandemie die globale Regierungsführung erleichtern könnte.“
Wells beschrieb ferner seine Vision für ein elektronisches „Weltgehirn“, das erst mehrere Jahrzehnte nach seinem Tod in Form des von der ehemaligen ARPA (Advanced Research Projects Agency, heute DARPA, Defense Advanced Research Projects Agency) entwickelten, heute als „Internet“ bekannten weltweiten Informationsnetzes verwirklicht werden sollte.
Die entscheidende Frage lautet daher, ob die auffallend schnelle Einführung von KI in Regierungssysteme für die breite Bevölkerung tatsächlich nur von Vorteil sein wird oder ob es sich nur um einen weiteren Schritt in Richtung der „Wissenschaftlichen Diktatur“ handelt. Der Gedanke an eine effizientere Regierung dürfte bei vielen Menschen zunächst mal runtergehen wie Öl: Einen überblasenen adipösen Regierungsapparat verschlanken? Na endlich! Her damit! Klingt natürlich toll, doch ist dabei Vorsicht geboten.
Es ist daher auch nicht verwunderlich, wenn in Deutschland die Grünen in Gestalt von Winfried Kretschmann einen entsprechenden Vorstoß starteten. Die Zeitung „Die Welt“ berichtete darüber: „Fremdsprachen sind überflüssig, Landkarten können weg – und Bots sollen die Klassenarbeiten korrigieren: Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann fordert eine ‚KI-Revolution‘ für die Schulen. Das klingt modern – doch dahinter verbirgt sich grüne Bildungsfeindlichkeit.“
Bitte nicht den größeren Ball aus den Augen verlieren: Das ist keine „grüne“, sondern technokratische Bildungsfeindlichkeit, die danach strebt – hier kann man getrost auf Huxley zurückgreifen – eine Gesellschaft von „Alphas“, „Deltas“ und „Gammas“ zu schaffen, ein modernes Kastensystem, wie in seiner „Schönen neuen Welt“ beschrieben. Man könnte sich hier fragen, wozu die lieben Kleinen eigentlich überhaupt noch was lernen sollen, wenn die KI doch genau weiß, wo die Schultoilette ist, wenn sie mal müssen.
Was die bildungspolitischen Hintergründe betrifft, sei wärmstens die Lektüre zweier Artikel empfohlen: „Von der Unesco-Studie 11 zu Unesco 2050: Projekt Best und der Vierzig-Jahres-Plan zur Neukonzeption der Bildung für die vierte industrielle Revolution“ von John Klyczek sowie sein Artikel „Education International, der IGB und der globale Vorstoß zur Einführung der Vierten Industriellen Revolution und des Transhumanismus in Schulen“. Es bringt nichts, das alles nur einer einzigen politischen Partei zuzuschreiben und mit einem erleichterten Seufzen als „grüne Bildungsferne“ zu verbuchen. Dahinter verbirgt sich, wie Corey Lynn in ihrer umfassenden neunteiligen Artikelreihe „Psychologische Agenda 2030 – Gehorsamkeitstraining für Kinder im Vorschulalter bis hin zu Erwachsenen bereits global, mit Milliardenfinanzierung für volle Kontrolle“ detailliert vorstellte, leider viel weiterreichende Absichten.
Was die von Trump jüngst erneuerte Drohung mit Strafzöllen betrifft, kann man sich wiederum fragen, welchem Zweck die dadurch womöglich ausgelösten „Handelskriege“ eigentlich dienen sollen. Dass sie für „Disruptionen“ sorgen würden, ist klar – doch geht es dabei wirklich nur um die von einigen Kommentatoren wie Patrick Wood und auch mir beschriebene „Degrowth“-Agenda, werden hier wirklich nur die Leitlinien des „Club of Rome“ und seinen „Grenzen des Wachstums“ umgesetzt? Möglicherweise – so absurd das zunächst auch klingen mag – könnte es auch dabei um mehr gehen, nämlich um die ebenfalls schon vor Jahrzehnten angepeilte Abschaffung des Preissystems selbst.
Dazu schreibt Jesse Smith im ersten Teil seiner zweiteiligen Artikelreihe „Technokratie auf dem Vormarsch: Warum es so wichtig ist, das Endspiel zu verstehen“: „Historisch gesehen wurde die Technokratie nicht gut aufgenommen. Tatsächlich betrachteten viele, die ihre Ziele richtig verstanden, sie als Bedrohung für die Demokratie und die schuldenbasierte Wirtschaftsordnung, die von den Zentralbanken, die das letzte Jahrhundert dominiert haben, betrieben wird. Technokraten wetterten gegen dieses ‚Preissystem‘ und argumentierten, dass es allein für die Ungleichheiten und Ineffizienzen der Gesellschaft verantwortlich sei. Der technokratische Traum ist revolutionär in seinem Umfang und sieht eine vollständige Umstrukturierung von Industrie, Regierung, Recht und Ordnung vor. Sie geben bereitwillig zu, dass ihre Absicht darin besteht, die gesamte Gesellschaft sozial zu gestalten, die Kontrolle über die Produktion und Verteilung aller Güter und Dienstleistungen zu übernehmen und die Welt von der Herrschaft durch Politiker und (traditionelle) Finanzkontrolleure zu befreien.“
Im „Studienkurs Technokratie“ der Organisation „Technocracy, Inc.“ von 1933 hieß es dazu auf Seite 176: „Es gibt im Preissystem keinen einzigen Bereich, in dem die besten technischen Standards vorherrschen dürfen. Mit anderen Worten: Armut, Verschwendung, Kriminalität, schlechte öffentliche Gesundheit, schlechte Lebensbedingungen, erzwungener Mangel und niedrige Auslastungsfaktoren sind allesamt direkte und notwendige Folgen des Preissystems … Wir haben versucht, deutlich zu machen, dass das Preissystem selbst und nicht der einzelne Mensch daran schuld ist.“
Im selben Studienkurs heißt es an anderer Stelle: „Die Technokratie ist der Ansicht, dass die Produktion und Verteilung einer Fülle von materiellem Wohlstand auf kontinentaler Ebene für alle Bürger des Kontinents nur durch eine kontinentale technologische Kontrolle, eine Funktionsregierung, ein Technat erreicht werden kann. Eine weitere Aufgabe, die viel zu lange vernachlässigt wurde, ist der Wiederaufbau unseres Regierungsapparats, von der Dorfebene bis hin zum Kongress.“
Wenn also nun massiv KI in der Regierung eingesetzt werden soll, so könnte es sich dabei um ebendiese Umgestaltung handeln – vorschnelles Jubeln über eine (an sich völlig verständliche und zustimmungswürdige) Verschlankung der Regierung und ihre effizientere Gestaltung könnte sich als Trojaner erweisen.
Bis nächste Woche.
Kommentare
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