29. April 2025 16:00

Machtapparat oder die Freiheit des Christenmenschen? Katholisches Interregnum

Auch für Franziskus gibt es eine katholische Traditionslinie

von Christian Paulwitz

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Bildquelle: Marco Iacobucci Epp / Shutterstock.com Mehr Missionar für Ersatzreligionen als Verkünder des Evangeliums: Papst Franziskus

Wir leben in wahrhaft ungewöhnlichen Zeiten. Während in der Politik der Staaten sich auf immer schärfere Weise der Kampf zwischen den Kräften von Macht und Kontrolle mit denen des freiheitlichen Widerstands zuspitzt – wobei mancher Kampf unter mindestens einer falschen Flagge gefochten wird –, spiegelt sich diese Auseinandersetzung auch im katholischen Kirchenapparat wider. Auf allen Schlachtfeldern ist nicht leicht zu unterscheiden, wer auf welcher Seite kämpft, und noch weniger mit Sicherheit zu sagen, wer tatsächlich in den Reihen der „Guten“ – also den konsequenten Kämpfern gegen Macht und Kontrolle steht.

Als Kardinal Ratzinger als Papst Benedikt den Papstthron bestieg, hofften viele auf eine Rückbesinnung der katholischen Kirche auf den Glauben und seine theologischen Grundlagen. Was seine Person betrifft, mag dies durchaus berechtigt gewesen sein. Aber man sollte in einem Machtapparat – und die katholische Kirche ist ein solcher mit weit längerer Geschichte und Erfahrung als all die korrupten Staaten unserer Zeit – nicht die Kräfte der Korruption im Verwaltungsapparat unterschätzen. Dafür, dass Ratzinger als deren Marionette vermutlich nicht die Anforderungen erfüllte, könnte sein Rücktritt seinerzeit ein Indiz gewesen sein – wann hat es das schon einmal gegeben? Den Rücktritt eines Papstes?

Zur Wahl seines Nachfolgers gab letzte Woche mein Autorenkollege Thomas Jahn einige interessante Einblicke. Das Intrigenspiel um die Macht kann im Nachhinein nicht überraschen – weder, was den Apparat der katholischen Kirche betrifft noch die Person Bergoglio, der als Papst Franziskus nicht dafür in die Geschichte eingehen wird, die Botschaft des Evangeliums in den Mittelpunkt gestellt zu haben, sondern die Narrative der weltlichen Macht. Dies dürfte allerdings in der Geschichte der katholischen Kirche eher die Regel als die Ausnahme gewesen sein, wenn man auch früher besser verstanden hat, diese Narrative selbst zu prägen. Auch wenn er an traditionellen Äußerlichkeiten gerüttelt haben mag, sehe ich ihn daher eher in einer alten Tradition der katholischen Kirche, auch wenn oder gerade, weil er der erste Jesuit auf dem Thron war, mit dem die Nachfolge Petri reklamiert wird.

Über viele Jahrhunderte ging es der römisch-katholischen Kirche nicht um die Verbreitung des Evangeliums, sondern um ihre Macht. Und dazu gehörte eher die Deutungsherrschaft über das Evangelium als dessen Verbreitung. Schlimmer noch, über Jahrhunderte hat sie diejenigen verfolgt, die das Deutungsmonopol der Kirche unterliefen, wie die Wanderprediger der Waldenser, die bereits lange vor der Reformationszeit und Martin Luther das persönliche Bibelstudium förderten und das Evangelium tatsächlich verbreiteten. Dass sie damit die autoritäre Wächterfunktion der Kirche unterliefen und deren Machtnarrative wie Heiligenverehrung und die Fegefeuer-Drohung ablehnten, konnte diese nicht hinnehmen. Es ging ihr ja nicht um die Wahrheit selbst, sondern um die Behauptung ihrer Rolle als einzige Quelle der Wahrheit und damit ihre Machtstellung. Kommt uns das heute nicht auch irgendwie bekannt vor? „Glauben Sie nur den offiziellen Mitteilungen“? Bekämpfung von „Falschnachrichten“ und so?

Seit der Reformation hat die römische Kirche die beanspruchte Rolle als ausschließliche Hüterin der Wahrheit des Evangeliums verloren. Insbesondere mit dem Ablasshandel, aber auch generell mit einem in Teilen korrupten Klerus und anderen der Ignoranz der Macht geschuldeten Anmaßungen hatte sie es übertrieben. Die Zeit war reif für eine Gegenbewegung, die den einzelnen Menschen in der Verantwortung sah, die Wahrheit zu ergründen und die Quellen selbst zu prüfen. Die katholische Kirche verlor an Deutungshoheit – nicht sie und die Vertreter ihrer Macht waren es mehr, die für den Menschen den einzigen Zugang zur Erlösung bedeuteten, sondern die Gnade Gottes. Eine unerhörte Zumutung für die Kirchenmacht, gegen die allerdings die Glaubensschrift selbst sprach – zu denen die Menschen nun ohne ihren Interpretationsfilter Zugang erhalten konnten.

In der Reformationszeit wurde auch der Orden der Jesuiten gegründet. Zu seinen zentralen Tugenden zählte nicht die Freiheit des Christenmenschen, sondern der Gehorsam gegenüber dem Papst. Über die Jahrhunderte hinweg fanden sozialistische Gesellschaftsvorstellungen bei den Jesuiten besonders fruchtbaren Boden und wurden im 16. und 17. Jahrhundert in südamerikanischen Jesuitenstaaten verheerend getestet. Erfolge in der Gegenreformation auf dem alten Kontinent errangen sie vor allem durch ihr Schulkonzept. Lange vor den Sozialstaaten moderner Prägung verstanden sie den Schlüssel zur Kontrolle nachkommender Generationen, der in den Schulen liegt.

Mit Papst Franziskus hatte 2013 nach dem intellektuellen und um die theologische Auseinandersetzung mit der Schrift bemühten Benedikt also ein Angehöriger der erfolgreichsten Organisation der Gegenreformation den Papstthron bestiegen – das Bild ist passend. Franziskus ging es weniger um die Selbstverantwortung des Christen und die originäre Botschaft der Bibel, sondern um den Gehorsam gegenüber den Narrativen der Macht und politische Interpretationen der Schrift. Dafür gibt es in der katholischen Kirche allerdings auch eine jahrhundertealte Tradition. Er wird nach seinem Tod als der Papst in Erinnerung bleiben, der Jesu Predigt der Nächstenliebe für die politische Agenda der „Corona-Impfung“ missbrauchte. Im Grunde eine Verhöhnung der christlichen Glaubensgrundlagen vom Stuhl des Papstes.

Mir wäre nicht bekannt, dass Jesus beim Umgang mit Kranken sich jemals vor hysterischen Ansteckungsängsten leiten ließ noch dies von seinen Jüngern erwartete.

Ähnlich verhält es sich mit Franziskus‘ Nähe zum Machtnarrativ des menschengemachten Klimawandels, womit wir bereits die zweite aktuelle Ersatzreligion zum Christentum bei ihm verorten können.

Nun stellt sich also die spannende Frage um die Papstnachfolge.

Wird der neue Papst eher ein Benedikt oder ein Franziskus sein?

Die Lobeshymnen aus der Politik sind zweideutig. Als kirchenferner Mensch liegen meine Sympathien natürlich vor allem dort, wo Machtapparate gestutzt und Raum für Authentizität und der freien Suche nach der Wahrheit geschaffen wird. Nach der unerwartet langen Amtszeit Bergoglios könnte innerhalb der Kardinäle durchaus der Wunsch nach einem politikferneren und glaubensnäheren Papst stärker geworden sein. Vielleicht ist die Zeit ja unerwartet reif für jemanden, der nun endlich die korrupten Strukturen im Vatikan ausräumt und auch den Atem dafür mitbringt – Rom wurde ja bekanntlich auch nicht an einem Tage gebaut.

Lesen Sie auch:

Habuimus Papam! Franziskus‘ Vermächtnis  (Thomas Jahn, Freiheitsfunken)


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