Kapitalismus: Warum der wirtschaftliche Wohlstand Kapitalisten und Unternehmer braucht
Betriebe sind die Quelle der Produktivität

Im marktwirtschaftlichen Kapitalismus findet bei jedem Kauf eine Volksabstimmung statt. Mit seiner Entscheidung, dieses und nicht ein anderes Produkt zu erwerben, wählt der Verbraucher zugleich diejenigen aus, die das Produkt herstellen, und damit, welche Firmen und damit welche Unternehmer den Produktionsprozess leiten sollen. Der Stimmzettel im Kapitalismus besteht aus Geld, und das Volk wählt in diesem Sinne seine Kapitalisten. Der Kapitalist ist Eigentümer an Produktionsmitteln. Als solcher stellt der Kapitalist den Kunden sein Kapital zur Verfügung. Diese stimmen bei jedem Kauf der mit diesem Kapital produzierten Güter darüber ab, welchen Wert das investierte Kapital hat.
Die Kapitalisten sorgen dafür, dass der Kapitalstock erhalten bleibt und verbessert wird. Die Kapitaleigner geben Tag für Tag einen großen Teil ihrer Einkünfte dafür aus, dass die bestehende Kapitalstruktur funktioniert. Kaufläden müssen instand gehalten, Flugzeuge müssen gewartet, Maschinen müssen repariert werden. Für all dies erbringen Kapitalisten Vorleistungen im Vertrauen darauf, dass sich diese Ausgaben lohnen. Die Kapitalisten stellen Vorräte bereit, und in einer Marktwirtschaft kann jeder Kunde erwarten, dass die meisten Güter, vor allem des täglichen Bedarfs, laufend verfügbar sind. In diesem Sinn ist der Kapitalismus eine Wirtschaft des Überflusses – im Unterscheid zur Mangelwirtschaft des Sozialismus.
Die Kapitalisten tragen sowohl die Vorkosten wie die Risiken dahingehend, ob die Kapitalgüter später Einkünfte bringen. Der Ertrag kommt ihnen dabei aber erst dann zugute, wenn der Endverbraucher das Produkt bezahlt. Ob ein Investitionsgut einen wirtschaftlichen Wert hat, hängt davon ab, inwieweit es zur Produktion von Gütern beiträgt, die die Verbraucher haben wollen und kaufen.
Für die Kunden ist es selbstverständlich, im Kaufladen ein reichhaltiges Angebot vorzufinden. Kaum jemand fragt sich, wer es denn ist, der den Laden in Betrieb hält, und wer dafür sorgt, dass eine Vielfalt an Gütern zur Auswahl vorliegt. Kaum jemand bedenkt, wie viel Kapital die Kapitalisten dafür vorstrecken müssen. Wird der Kapitalismus abgeschafft, indem Regierung und ihre Bürokratie die Kapitalisten reglementieren, drangsalieren und Unternehmensgewinne konfiszieren, dauert es denn auch nicht lange, bis die Kapitalstruktur zerfällt und die Mangelwirtschaft um sich greift.
Der Reichtum der Kapitalisten besteht im Eigentum der Kapitalanlagen. Wer aber sind die Nutznießer dieser Anlagen – seien es Flugzeuge oder Restaurants? Das sind die Verbraucher, indem sie kaufen.
Es gibt nicht wenige Superreiche, die für sich persönlich in materieller Hinsicht ein erstaunlich bescheidenes Leben führen. Ein Teil des Erfolges dieser Menschen kommt gerade daher, sparsam zu sein und nicht zu verschwenden. Selbst ein großes Vermögen kann sich nicht lange halten, wenn es in die Hände von Verschwendern gelangt.
Darüber hinaus ist in der Marktwirtschaft selbst der größte Reichtum durch Innovationen bedroht. Von dem Reichtum der Eisenbahnbarone und Ölmagnaten vom Ende des neunzehnten und zum Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts ist heute kaum mehr etwas übriggeblieben.
Im modernen Kapitalismus wird es immer eine Gruppe von Superreichen geben, aber deren Kennzeichen ist es, dass sie sich aus wechselnden Personen zusammensetzt. Dass es im Kapitalismus immer wieder andere Personen sind, die zu den Superreichen zählen, unterscheidet dieses System von den früheren. Im Kapitalismus ist es anders als in der vorkapitalistischen Epoche, als Reichtum vor allem in Land bestand und dieses ebenso vererbt wurde wie die Adelstitel und andere soziale Ränge. In der vorkapitalistischen Zeit waren die Reichen mehr oder weniger dieselben Familien. Wer arm geboren wurde, blieb in der Regel arm.
Wenn man die Liste der Superreichen, die das US-Magazin „Forbes“ regelmäßig veröffentlicht, über einen längeren Zeitraum vergleicht, so gibt es kaum Namen, die dauerhaft präsent sind. Mit den Personen ändern sich auch die Sparten, die die Grundlage des Reichtums darstellen. Bis in die 80er Jahre hinein gab es keine Superreichen aus den Branchen Software, Elektronik und Computer so wie heute, weil diese Produktionsbereiche eben erst am Anfang ihres Siegeszuges standen.
Der moderne Kapitalismus ist ein unternehmerischer Kapitalismus, sein Motor ist die Innovation. Innovation bringt laufenden Strukturwandel mit sich, sodass sich Besitzpositionen in diesem System nicht lange halten. Firmen entstehen und verschwinden und mit ihnen wächst und vergeht der Reichtum einzelner Personen und Familien. Während als Idealtypus die Rolle des Kapitalisten eher passiv ist, ist die des Unternehmers dynamisch. Er ist der Träger der Innovation.
Um den Wohlstand zu erhöhen, benötigt man, erstens, Akkumulation von Kapital, mehr und bessere Werkzeuge; zweitens Erfindungen, das heißt bessere Ideen, wie man die Dinge, die man braucht, herstellen kann; und drittens Handel, um die Spezialisierung von Kapital und Arbeit zu ermöglichen. Wenn diese Faktoren zusammen auftreten, kommt wirtschaftlicher Fortschritt zustande. Die Wirksamkeit eines jeden dieser Faktoren hängt vom Handel ab, das heißt vom Freiheitsgrad des Austausches von Gütern und Dienstleistungen auf Märkten. Massenwohlstand kann nur die Marktwirtschaft hervorbringen, deren Kern der freie Marktzutritt ist.
Mehr Wohlstand kommt durch höhere Produktivität zustande. Die Betriebe sind Orte der Spezialisierung von Arbeit und Kapital. Firmen stellen Sachkapital bereit, während die Arbeiter und Angestellten ihr Wissen als Humankapital einbringen. Technischer Fortschritt besteht in neuen Ideen. Diese werden dann wohlstandswirksam, wenn sie als unternehmerische Innovationen realisiert werden.
- Alle diese Faktoren sind untereinander verbunden.
- Je intensiver der Handel betrieben wird, desto mehr ist Akkumulation von Sachkapital möglich.
- Je mehr Sachkapital zur Verfügung steht, umso wirksamer ist das Wissen.
- Je größer der Bestand an Sach- und Humankapital, desto mehr kommt es zu Innovationen.
- Mit dem technischen Fortschritt wächst seinerseits nun die Produktivität und es steigt der Wohlstand.
Je intensiver Handel betrieben wird, desto mehr Spezialisierung ist möglich. Das Potenzial der Spezialisierung wächst mit der Größe des Marktes. Das, was auf der Ebene eines einfachen Tausches innerhalb der Familie und des Ortes beginnt, setzt sich auf regionaler und nationaler Ebene fort, um schließlich den ganzen Globus zu umfassen.
Alle Unterschiede der Rasse oder des Geschlechts und der geographischen Lage verschwinden in Bezug auf die Zeit. Für alle Menschen ist die Tageszeit gleich beschränkt. Keinem Menschen ist es dauerhaft möglich, mehr als acht oder zehn Stunden jeden Tag leistungsfähig zu sein. Mehr Wohlstand durch mehr Arbeit stößt so an eine natürliche Grenze.
Zwar kann die Volkswirtschaft insgesamt durch die Mobilisierung von brachliegenden Arbeitskräften hinzugewinnen, zum Beispiel, indem Frauen in den Arbeitsmarkt integriert werden. Dadurch erhöht sich die nationale Produktion, aber nicht die Produktivität, verstanden als Output pro Kopf. Das Produkt pro Arbeitskraft oder pro Stunde wird nicht gesteigert, wenn mehr Personen arbeiten. Worauf es ankommt, ist der Ausstoß pro Stunde.
Der Ausstoß pro Arbeitskraft und die Stundenproduktivität hängen vom Grad der Spezialisierung ab. Die Spezialisierung der Arbeitskraft geht dabei Hand in Hand mit der Spezialisierung des Kapitals. Bei geringer Spezialisierung, wenn das Niveau der Arbeitsteilung niedrig ist, ist auch der Bestand an Spezialmaschinen und damit die Spezialisierung des Kapitals niedrig.
Firmen entstehen durch Spezialisierung. Je spezialisierter ein Betrieb ist, desto mehr lohnt es sich, Spezialmaschinen und Fachkräfte zu unterhalten. Umso höher ist dementsprechend auch die Produktivität. Märkte und Preise ermöglichen diese Spezialisierung der Unternehmen. Die Spezialisierung erhöht die Produktivität und damit den Wohlstand. Geld ermöglicht das Rechnen mit Preisen auf Märkten. Mit der Produktivität steigt der Wohlstand. Eingriffe, die die Funktion der Märkte stören und das Geldwesen beeinträchtigen, sind deshalb so schädlich, weil sie die Spezialisierung beeinträchtigen und somit die Produktivität mindern und zu Wohlstandverlust führen.
Der moderne Kapitalismus ist ein unternehmerischer Kapitalismus. Die Wiege des modernen Kapitalismus liegt in den von Unternehmern geführten Werkstätten als Ort der Kombination von Kapital, Arbeit und Wissen. Betriebe sind die Quelle der Produktivität und damit des Wohlstandes. Das herausragende Kennzeichen des modernen Kapitalismus, so wie er sich seit Beginn der industriellen Revolution herausgebildet hat, ist die Verbreitung privater Firmen bis in die letzten Winkel der Erde.
Die Zerstörer des Kapitalismus wissen, wo sie ansetzen müssen. Sie rufen nach der „Abschaffung des Kapitalismus“ und setzen ihre konkreten Maßnahmen bei den Unternehmen an. Sie gängeln und unterdrücken die unternehmerische Tätigkeit. Die kapitalismusfeindliche Politik entzieht den Unternehmen durch überhöhte Besteuerung die Finanzmittel, um innovative Investitionen zu tätigen. Sie treiben Firmen in den Konkurs. Mit dem Bankrott der Unternehmen, sinkt das Spezialisierungsniveau von Kapital und Arbeit. Die Produktivität geht zurück. Die Gesellschaft verarmt.
Antony P. Mueller: „Kapitalismus, Sozialismus und Anarchie. Chancen einer Gesellschaftsordnung jenseits von Staat und Politik“ (KDP 2021)
Kommentare
Die Kommentarfunktion (lesen und schreiben) steht exklusiv nur registrierten Benutzern zur Verfügung.
Wenn Sie bereits ein Benutzerkonto haben, melden Sie sich bitte an. Wenn Sie noch kein Benutzerkonto haben, können Sie sich mit dem Registrierungsformular ein kostenloses Konto erstellen.