10. September 2024 16:00

Staatsfunk Volksverhetzung durch ZDF-Chefredakteurin?

Anwalt Markus Haintz stellt Strafanzeige nach Muster von Staatsanwälten gegen Corona-Maßnahmenkritiker

von Christian Paulwitz

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Bildquelle: Sandro Halank / Wikimedia Commons Bettina Schausten oder: Der Dieb ruft „Haltet den Dieb!“

Nach dem Wahlerfolg der AfD in Sachsen und Thüringen äußerte sich die ZDF-Chefredakteurin Bettina Schausten in einem Kommentar im „heute“-Journal des ZDF folgendermaßen:

„Am 1. September 1939 begann der Zweite Weltkrieg mit dem Angriff der Wehrmacht auf Polen. Deutschland überzog die ganze Welt mit Leid und Tod, ermordete sechs Millionen Juden.

Am 1. September 2024, auf den Tag 85 Jahre danach, wird im deutschen Bundesland Thüringen eine Partei stärkste politische Kraft, die laut Verfassungsschutz erwiesen rechtsextrem ist, mit einem Kandidaten an der Spitze, der wie ein Faschist redet und auch so genannt werden darf. Das ist schwer erträglich und macht diesen 1. September zu einer politischen Wegmarke und einer Mahnung an die Nachgeborenen.

Mehr als 30 Prozent der Wählerinnen und Wähler in Thüringen und in Sachsen haben rechtsextrem gewählt. Zum allergrößten Teil sind das keine Neonazis, aber – und das ist nicht weniger erschütternd – es ist ihnen egal, rechtsextrem zu wählen.“

An dieser Stelle möchte ich aus aktuellem Anlass kurz einen Hinweis auf meinen Beitrag vom 7. Mai des Jahres zu „Beitragsblocker.de: Ein Leben ohne Zwangspropaganda“ einschieben, denn „Rundfunkbeitrag“ zu zahlen ist ja nun längst kein Kavaliersdelikt mehr (siehe Link unten) – bisher bin ich mit den Diensten des Beitragsblockers und der Versorgung mit Antwortbriefen auf die Quengeleien übrigens sehr zufrieden.

Doch das reicht nicht. Weder kann man das Ausmaß der Unverschämtheiten dessen, was der Propagandafunk verbreitet, einfach auf sich beruhen lassen, noch kann man dessen Selbstverständnis, im Besitz des alleinigen Interpretationsrechts aller Vorgänge im Sinne des politischen Herrschaftskartells zu sein, ohne Weiteres hinnehmen. Erschwerend kommt hinzu, dass es sich hier nicht einfach um eine verwirrte Äußerung aus einer Echokammer heraus handelt, nach dem Prinzip: Ist zwar abgefahren, aber die glauben das tatsächlich.

Nein, das tun sie nicht. Die Worte sind wohl abgewogen: „Laut Verfassungsschutz erwiesen rechtsextrem“. Sie weiß, dass sie sich auf heiklem Terrain bewegt und sichert sich ab, freilich ohne zu erwähnen, dass das Landesamt für „Verfassungsschutz“ in Thüringen – ein Inlandsgeheimdienst, kein juristisches Kontrollorgan – unter der Weisung einer Regierung steht, die durch die kommunistische SED geführt wird, denn die heutige „Linkspartei“ legte wiederholt durchaus Wert darauf, in der Kontinuität zur SED zu stehen, auch wenn sie den Namen geändert hat. Das ist schwer erträglich, wenn man nicht gerade vom Staatsfunk sein üppiges Gehalt bezieht. Da passt dann auch noch gut dazu, dass man künftig wohl ganz ohne parlamentarische Kontrolle des Geheimdienstes auskommen will, um die AfD weiterhin von dieser ausschließen zu können, die von diesem seit Jahren bespitzelt wird – und wahrscheinlich nicht nur das.

Doch für Frau Schausten geht es um einen „Kandidaten an der Spitze [der AfD], der wie ein Faschist redet und auch so genannt werden darf.“

Natürlich darf er so genannt werden: Das nennt man Meinungsfreiheit im politischen Diskurs, ist der Hintergrund des gerichtlichen Entscheids, auf den sie anspielt, und in einem freien Land nichts weiter Erwähnenswertes. Spektakulär wäre es erst dann, wenn diese Meinungsfreiheit nur für diffamierende Äußerungen gegen Leute zugestanden würde, die dem herrschenden Politikbetrieb oppositionell gegenüberstehen, und man nicht beispielsweise auch Regierungspolitiker, die Grundrechte wegen einer Grippewelle außer Kraft setzen, Ausgangssperren, Versammlungs-, Besuchs- und Beschäftigungsverbote erteilen und zu fragwürdigen medizinischen Behandlungen nötigen, um die Volksgesundheit über das individuelle Selbstbestimmungsrecht zu stellen, sowie deren Klatschhasen in den zwangsfinanzierten Medienbetrieben nicht dem Faschismus geistig und charakterlich nahe stehend bezeichnen dürfte. Aber das meine ich natürlich rein hypothetisch, Sie verstehen.

„Zum allergrößten Teil sind das keine Neonazis“, sagt sie, denn sie weiß ja eigentlich schon, wie das Spiel läuft; und sicher weiß sie auch, dass sie mit ihrer Zuweisung des undefinierten Begriffs „rechtsextrem“ an die erfolgreiche Oppositionspartei kein objektives Faktum benennt, sondern indem sie so tut, als sei es das, darüber hinweggeht, dass für „Wählerinnen und Wähler in Thüringen“ es nichts Besonderes ist, wenn eine SED-Regierung Oppositionelle als „Rechtsextreme“ und „Faschisten“ bezeichnet. Das war ja schon immer so.

Wen beeindruckt das, außer linientreuen Parteigenossen? Eine Blockpartei CDU, die nie aus der Reihe tanzte, gab es, wenn mich nicht alles täuscht, übrigens auch schon einmal. So gut wie niemand, der AfD wählt, ist ernsthaft der Ansicht, „rechtsextrem“ zu wählen.

Aber wo wir eben noch bei dem waren, was von der Meinungsfreiheit unbestritten abgedeckt ist und was dann Grenzen hat, die durch Gesetze gezogen werden: da gibt es in diesem Land seit den Zeiten des Deutschen Kaiserreichs 1871 einen Paragraphen 130 des Strafgesetzbuchs, der heute unter dem Stichwort „Volksverhetzung“ bekannt ist und fleißig zur Anwendung kommt. Natürlich war dieser von Beginn an und zu keiner Zeit jemals zur Anwendung gegen die Obrigkeit der Herrschaftsausübenden und deren Verkünder gedacht. 1871 bestand er aus gerade einmal 33 Wörtern und wandte sich gegen das öffentliche Anreizen verschiedener Klassen der Bevölkerung zu „Gewalttätigkeiten“ gegeneinander. Bis 1994 – immerhin über 120 Jahre lang – wandelte man zwar den Anlass zur Anwendung, die Stichworte „Öffentlicher Frieden“ und „Menschenwürde“ ersetzten bis dahin den aus der Mode gekommenen Klassenkampf, doch mit immer noch nur 54 Wörtern wuchs er anders als der Staat insgesamt (nicht sein Territorium, sondern seine Rolle und sein Ressourcenverbrauch) nur um etwa die Hälfte und blieb bis dahin noch relativ übersichtlich. Ab 1994 wurden es dann rund 290 Wörter und bis zur letzten Änderung im Dezember 2022 über 500. „Je korrupter der Staat, desto mehr Gesetze braucht er“, sagt Tacitus, und das gilt selbstverständlich auch für den Umfang bereits gegebener Gesetze. Man sollte diesen Indikator unbedingt bei den Untersuchungen zum Korruptionsindex mit einbeziehen, das wäre sicher sehr aufschlussreich, nicht nur für aktuelle Vergleiche von Staaten, sondern auch für deren historische Entwicklungen.

Nun ist es für einen Staat, der sich als Rechtsstaat verstehen will, um akzeptiert zu werden, schwierig, Gesetze zu erlassen und diese dann selektiv anzuwenden, ohne sich in ziemlich offenkundige Widersprüche zu seinem Selbstverständnis zu verwickeln. Kluge Gesetzesschreiber vergangener Zeiten wussten das und versuchten dies zu vermeiden, indem sie Gesetze möglichst kurz und prägnant fassten, um Regierungen Grenzen zu ziehen. Das kann man natürlich nicht erwarten, wenn die Gesetze wie heute vor allem in den Ministerien geschrieben, um vom Parlament abgenickt zu werden. „It’s not a bug, it’s a feature“, sagt der Software-Entwickler und auch die eigentlich einzuschränkende Regierungsexekutive, die Gesetze entwickelt hat, wenn es um deren selektive Anwendung geht. Dafür ist sie in Deutschland gut aufgestellt, nicht nur durch ihren Zugriff auf den Gesetzgeber, der die Regierung trägt, sondern auch über die weisungsgebundenen Staatsanwaltschaften. Erkauft wird diese komfortable Situation bei deren Ausnutzung mit einem fortschreitenden Verlust der Glaubwürdigkeit, der sich früher oder später in entsprechenden Wahlergebnissen niederschlägt – aber wer will als Politiker schon so weit denken? Und außerdem hat man ja das Recht quasi automatisch auf seiner Seite, indem man es in Gesetze fassen kann.

Was soll also schon passieren?

So wurde also der Paragraph 130 gerade seit der Zeit der „Corona-Maßnahmen“ und der wachsenden Kritik gegen sie gerne von weisungsgebundenen Staatsanwaltschaften herangezogen, um Kritiker zu bekämpfen und vor Gericht zu ziehen. Wenn auch sonst nichts dabei herauskäme, beschäftigt es die Leute doch und schreckt andere ab, den Mund aufzumachen. So ziehen Vergleiche, die staatliche Grundrechtseinschränkungen in einen Kontext mit dem Nationalsozialismus stellen, hierzulande immer wieder mal Ermittlungen und Anzeigen nach sich und werden gerne mal als Vorwand für eine Hausdurchsuchung herangezogen, um elektronische Geräte zu beschlagnahmen und auszuwerten. Das neue Normal.

Einer der Rechtsanwälte, die sich immer wieder mit solchen Fällen befassen, ist Markus Haintz, mittlerweile auch bekannt als Anwalt von Oliver Janich, denn die Verfolgung der deutschen Behörden gegen kritische Stimmen hört ja nicht an den Staatsgrenzen auf – der Fall dürfte hier hinreichend bekannt sein. Aus einem Aktivisten für das Recht auf der Straße und in Gerichtsverhandlungen ist mittlerweile auch ein Betreiber einer Medienplattform geworden, der es versteht, Aufmerksamkeit für viele Fälle staatlicher Willkür zu wecken und darüber hinaus die großen Krisen und globalen Erschütterungen unserer Zeit in einem Kontext zu verbinden. Man muss nicht jede seiner Positionen teilen, aber was er macht, hat Hand und Fuß, und seine Arbeit finde ich ungeheuer wertvoll.

Nun hat er ebenjener Staatsanwaltschaft eine Strafanzeige gegen Frau Schausten wegen des Verdachts auf Volksverhetzung geschickt, von der ihm – mit der gleichen Argumentation – Strafanzeigen gegen Mandanten von ihm vorliegen. Seine Angaben dazu auf der Plattform „X“ sind unten verlinkt. Zuvor hat er wohl eine ähnliche Strafanzeige bereits gegen Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erlassen. Natürlich wird dies nicht zur Anwendung des Paragraphen 130 gegen Personen führen, die sich im Sinne der politischen Herrschaftsmeinung äußern; dennoch sind solche Aktionen außerordentlich verdienstvoll, weil sie das Recht auf mehreren Ebenen verteidigen: Es bremst die Unverschämtheiten, beschäftigt die Staatsanwaltschaften mit sich selbst und bindet somit Kräfte, die sonst zur Verfolgung Oppositioneller frei wären, erleichtert die Abwehr laufender Verfahren, die sich nicht selten durch mehrere Instanzen hinziehen, und – vor allem – macht bereits Verunsicherten, aber noch nicht „Aufgewachten“ deutlich, wie es um die Rechtskultur und die politische Willkür in diesem Land bestellt ist, wenn die mediale Verbreitung gelingt. Die Aktion ist klasse und war für mich Anlass – hatte das aber schon länger vor –, Haintz mit einem kleinen Betrag zu unterstützen, Konto findet sich auf seiner Plattform „Haintz Media“ (siehe Link unten). Falls sich hier Nachahmer finden, würde mich das freuen. Im Text der Überweisung habe ich die Freiheitsfunken erwähnt – vielleicht bekommen wir so ja auch etwas Aufmerksamkeit.

Quellen:

„Ein Leben ohne Zwangspropaganda“ (Christian Paulwitz, Freiheitsfunken)

Paragraph 130 im Strafgesetzbuch des Deutschen Reichs vom 15. Mai 1871 (lexetius.com)

Post von Markus Haintz (X)

Haintz Media


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