Habeck-Anzeige und Hausdurchsuchung wegen Tweets: Ein „Unglück bringender Mensch“
Der deutsche Staat wird fuchsteufelswild, unterstellt man ihm eine Ähnlichkeit mit dem Nazi-Regime
von Robert Grözinger
Als junger Mensch war ich naiv genug, mich ins Studentenparlament meiner Universität wählen zu lassen. Abgesehen von der totalen Zeitverschwendung habe ich aber immerhin eine Erfahrung gemacht: Ich habe damals einen Vorgeschmack erhalten von der brachialen, menschen- und rechtsverachtenden Art und Weise, mit der heute in Deutschland Politik gemacht wird. Schließlich sind diejenigen, die in den 1980er-Jahren in den Spielparlamenten deutscher Hochschulen das große Zepter schwangen, genau die Typen, die jetzt über Wohl und Wehe einer ganzen Nation, ja sogar eines ganzen Kontinents mitbestimmen.
Ob Vizekanzler Robert Habeck – das ist der Mann, den man nicht „Schwachkopf“ nennen darf – jemals in der Studentenpolitik tätig war, ist mir unbekannt und tut auch nichts zur Sache. Jedes Mal aber, wenn ich ein Bild von ihm sehe, worin er übrigens regelmäßig wie aus einer Schwarzkopf-Werbung kopiert aussieht, muss ich an einen bestimmten Studenten aus der damaligen Zeit denken, der ihm äußerlich ein wenig ähnelte und im Studentenparlament das größte aller Zepter schwang – und hin und wieder einem anwesenden, gewählten Burschenschafter, also „Rechten“, Prügel androhte. Da der Macho im Raum eine satte Mehrheit von „Autonomen“ – Linksradikalen – hinter sich wusste, war die Drohung ungefähr so gratismutig wie ein Bundesminister, der eine Anzeige erstattet, weil ihn ein kleiner Rentner „Schwachkopf“ nennt.
Aber das nur nebenbei. Was ich wirklich interessant finde, ist Folgendes: Die ganze Affäre um den Schwarzkopf-Schwachkopf-Tweet wäre gar nicht ans Licht gekommen, liefe nicht parallel dazu noch eine andere, viel finsterere Geschichte ab, die den Beschuldigten ebenfalls betraf. Laut Presseberichten kam es bei Herrn Niehoff zu der Hausdurchsuchung nicht aufgrund der alltäglichen, harmlosen Schmähung, die kein Politiker mit ein wenig Restmenschlichkeit jemals zur Anzeige gebracht hätte.
Die Hausdurchsuchung und Beschlagnahme Niehoffs elektronischer Kommunikationsgeräte fand statt, weil er Monate zuvor auf Twitter/X kundgetan hatte, dass ihn die politischen Tendenzen in der gegenwärtigen Bundesrepublik stark an Vorkommnisse zu Beginn des Dritten Reichs erinnern.
So wird das von der Staatsanwaltschaft natürlich nicht begründet. „Die Wohnungsdurchsuchung fand im Zusammenhang mit einem bundesweiten ‚Aktionstag gegen antisemitische Hasskriminalität im Internet‘ statt“, heißt es im Internetportal „infranken.de“ – siehe Link unten. Weiter heißt es dort: „Laut Staatsanwaltschaft wird dem 64-Jährigen vorgeworfen, im Frühjahr 2024 auf der Internetplattform X eine Bilddatei hochgeladen zu haben. Auf dieser sei ein SS- oder SA-Mann mit dem Plakat und der Aufschrift ‚Deutsche kauft nicht bei Juden‘ zu sehen gewesen sein. Die Datei habe zudem den Zusatztext ‚Wahre Demokraten! Hatten wir alles schon mal!‘ enthalten. Wie Stefan Niehoff am Freitag (22. November 2024) gegenüber inFranken.de erklärte, bezog sich der Post auf einen damaligen Boykottaufruf des ‚Hamburger Bündnis gegen Rechts‘ gegen die Firma Müller (‚Müllermilch‘).“ Den Auslöser der Aufforderung, schreibt „infranken.de“ weiter, „bildete seinerzeit Molkerei-Inhaber Theo Müller, der wegen seiner Nähe zu AfD-Chefin Alice Weidel in die Kritik geraten war.“
Das alles will die Staatsanwaltschaft jetzt erstmal prüfen. Man kennt das inzwischen: Das Verfahren ist die Strafe, nicht das Urteil. Dieser Vorgang erinnert nämlich stark an den Fall von C. J. Hopkins in Berlin, über den ich im Januar bei Freiheitsfunken schrieb – siehe Link unten. Der in der deutschen Hauptstadt lebende amerikanische Schriftsteller hatte einen Spruch des „Bundesgesundheitsministers“ Karl Lauterbach aufgegriffen. Dieser hatte gesagt, von der Maske gehe immer auch ein Signal aus. Hopkins hatte diese Aussage getweetet und ein Bild seines neuen Buches hinzugefügt, das den Titel „The Rise of the New Normal Reich“ trägt. Die Aufmachung des Buchdeckels erinnert stark an den Klassiker des amerikanischen Deutschlandkorrespondenten und Zeitzeugen William Shirer mit dem Titel „The Rise and Fall of the Third Reich“. Nur, dass an Stelle des Hakenkreuzes eine FFP2-Maske prangt, unter der sehr schwach und schemenhaft ein Hakenkreuz zu erahnen ist.
In der ersten Instanz wurde Hopkins freigesprochen – wenn auch mit größtem Widerwillen der Richterin. Nicht aber in der Verhandlung der zweiten Instanz, die Freiheitsfunken-Kollege Thorsten Brückner Anfang Oktober kommentierte – siehe Link unten.
Das Muster des Falls Hopkins gleicht dem des Falls Niehoff wie ein Ei dem anderen: Für jeden normal Denkenden ist in beiden Fällen sofort erkennbar, dass es hier überhaupt nicht darum geht, wessen sie verdächtigt werden, nämlich Verherrlichung von Nazisymbolen oder des Nationalsozialismus, sondern ganz im Gegenteil um eine Warnung davor, dass sich dunkelste Geschichte in Deutschland zu wiederholen droht.
Und das ist die finsterere Botschaft beider Vorgänge: Die Staatsanwaltschaft und jene, die ihr Anweisungen geben – also die Landes- und Bundesregierungen, die Ministerialbürokratie und der „tiefe Staat“ – reagieren in letzter Zeit höchst empfindlich auf den auf sie zielenden „Nazivergleich“; und benehmen sich dann gleich so, als wollten sie den Vorwurf mit aller Kraft bestätigen. Wir vernehmen das Gebell getroffener Hunde. Diese „bellenden Hunde“ können allerdings beißen – und tun das auch.
Habecks Narzissmus und gekränkte Eitelkeit haben diesen Vorgang nur noch absurder aussehen lassen, als er es ohnehin ist – zu seinem Nachteil. Es ist schon hyperironisch: Aufgrund seiner wilden Anzeigenfreudigkeit wird Habecks Visage von nun an für immer und ewig dann auftauchen, wenn jemand das Wort „Schwachkopf“ in eine Suchmaschine eingibt. So schnell kann es gehen, wenn man anderen eine Grube gräbt.
Weil es gerade passt, hier noch ein Zusatzgedanke. Ich lese gerade das hervorragende Buch „Freiheit in Deutschland“ von Gerd Habermann. Darin stellt uns der Mitgründer der Friedrich August von Hayek-Gesellschaft unter anderem den Philosophen Johann Gottfried Herder (1744–1803) vor, der wie viele andere zwar anfangs ein Freund der Französischen Revolution war, nach den Septembermorden 1792 aber die Jakobiner als „Unglück bringende Menschen“ beschrieb. Er beschrieb sie als „kecke, stolze, freche Menschen, die sich berufen glauben, alles zu ordnen, ihr Bildnis jedermann aufzuprägen.“ Es ist, als schildere Herder den Charakter des grünen Kanzlerkandidaten; und all jener, die ihn trotz allem noch immer wählen wollen.
Herder meinte vermutlich, seine Leser beruhigen zu müssen. Denn er schrieb, wie man weiter bei Habermann liest: „Gut, dass diese Dämonen selten erscheinen, wenige von ihnen können auf Generationen Unglück verbreiten.“ Er fügte aber gleich noch diese Warnung hinzu: „Wir stehen an den Grenzen des Abgrunds der Barbarei.“ Zwei Jahrhunderte später sind wir einen Schritt weiter. Mindestens. Ob wir bereits wieder auf dem Weg aus dem Abgrund sind, muss sich allerdings noch zeigen.
Quellen:
„Erst mal gelacht“: Fränkischer Rentner schildert Hausdurchsuchung wegen „Schwachkopf“-Post (infranken.de, 22.11.2024)
Freispruch zwischen zusammengebissenen Zähnen (Robert Grözinger, Freiheitsfunken, 29.01.2024)
Deutschland hat sich nicht geändert (Thorsten Brückner, Freiheitsfunken, 05.10.2024)
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