Top Spin: Zitat der Woche: „Der letzte echte deutsche Denker nimmt Abschied.“
Robert Habeck verlässt die Politik
von David Andres drucken

Die Überschrift in der „Süddeutschen Zeitung“, die das Zitat der Woche bildet, verblüfft. Auf wen würde heute noch eine solche Überschrift passen? Unwahrscheinlich, dass die Redakteure und Innen der „Alpen-Prawda“ damit Stefan Blankertz gemeint haben könnten, Hans-Hermann Hoppe oder Carlos A. Gebauer. Diese Namen sind dort nicht mal ein Begriff. Vielleicht hat Peter Sloterdijk den Stift niedergelegt und sich gedacht: An meinem Lebenswerk haben sie alle jetzt genug zu kauen?
Nein, es dreht sich um Robert Habeck, der sein Bundestagsmandat niedergelegt hat und die Politik verlässt. Dabei hatten ihn die Anhänger von „Unsere Demokratie ©“ für eine weitere Legislaturperiode gewählt. Andere ehemals prominente Kräfte wie Olaf Scholz, Armin Laschet oder Nancy Faeser sind als ganz normale Abgeordnete verblieben. Habeck erläutert auf seiner Abschiedstour bei Markus Lanz, dass es für ihn keinen Sinn ergäbe, in der Politik zu bleiben, wenn er darin die von ihm und seinen Leuten angeleierte Transformation nicht fortführen könne. Eine recht ehrliche Offenbarung des größten Egos in der deutschen Politik: Demokratie ist, wenn ich regieren kann. Andernfalls bin ich weg.
Der Artikel in der „Süddeutschen“ zitiert übrigens Robert Habeck selbst, sein „geheimes Tagebuch“, das so geheim ist, dass er ihm exklusiv zwecks Publikation in der „taz“ von seiner Lebensentscheidung verriet. Die „SZ“-Seite ist nicht die einzige, die Robert sich hinter Glas rahmen und in einem seiner Häuser aufhängen kann, um jeden Morgen mit dem importierten Gourmet-Kaffee daran sein Ego zu laben. Die „Zeit“ überschreibt ihren Beitrag zum Abschied unter einem animierten Schwarzweiß-Porträt mit „Schade!“ Der scheidende Transformator „wurde geschmäht und hat Fehler gemacht“, schreibt Peter Dausend, „nun verlässt er die politische Bühne. Dabei bräuchten wir ihn eigentlich noch.“ Für Sebastian Huld von „n-tv“ war er das „größte Talent seiner Generation“. Immerhin spricht er ihm die „Erhabenheit“ ab angesichts der Tatsache, wie Habeck am Ende noch einmal gegen ein paar politische Kollegen nachgetreten hat. Gegen das „fetischhafte Wurstgefresse von Markus Söder“ als Politik-Ersatz, gegen die Bundestagspräsidentin Julia Klöckner, die eine Veranstaltung in den Räumen des Unternehmens macht, das „Nius“ beheimtate und die „immer nur polarisiert, polemisiert und gespalten“ habe.
Derlei Spaltung der Gesellschaft war dem „letzten echten deutschen Denker“ natürlich fremd, der zugab, das Heizungsgesetz als Testballon in den Raum geworfen zu haben, um mal zu schauen, wie weit man gehen kann; der Patriotismus zum Kotzen findet und mit Deutschland niemals viel anfangen konnte. Ihn als „letzten echten deutschen Denker“ zu bezeichnen, müsste ihn eigentlich beleidigen – obwohl es natürlich kaum was Deutscheres gibt als den deutschen Selbsthass.
„Ein unbedingter Demokrat und Verfechter des politischen Konsenses verlässt denkbar desillusioniert die Politik“, schreibt Sebastian Huld auf „n-tv“ und man fragt sich, in welcher Welt jemand lebt, der so einen Satz ernsthaft formuliert. Ein „unbedingter Demokrat“, der Tausende von Bürgern wegen Majestätsbeleidigung hat anzeigen lassen und für den Demokratie uninteressant ist, wenn er Opposition in der Hinterbank machen muss. Ein „Verfechter des politischen Konsenses“, der damit meinte, solange zu kämpfen und zu fechten, bis alle der grünen Auffassung sind und die alternativlose Gesellschaftstransformation mitgehen. Ein Impfpflicht-Demokrat. Ein Lobbyist. Einer, der mit Sicherheit nicht „desillusioniert“ geht, sondern mit Vorfreude auf seine gut dotierten Positionen an Universitäten und kommende Vortragshonorare.
Während der Regierungserklärung von Friedrich Merz lachte Habeck von seinem Fraktionsplatz in den Bundestagsreihen – und klärt auch hier im Nachhinein auf, wieso. Er habe den Kanzler ausgelacht, weil er als Regierungserklärung im Grunde Habecks Wahlkampfrede gehalten habe, in welcher der Tenor auch lautete: Schuldenbremse lockern, Geld drucken. Insofern kann sich Robert wenigstens sicher sein, dass grüne Politik so oder so fortgeführt wird.
Quellen:
Der letzte echte deutsche Denker nimmt Abschied (SZ)
Schade! (Zeit)
Habeck macht sich frei – und tritt zum Abschied nach (n-tv)
Heizungsgesetz ein „Test“? – „Das Gesetz muss jetzt zurückgenommen werden“ (Welt)
Habecks Schlussstrich (Tagesschau)
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